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Sport: Dicke Luft bei Williams läßt Schumacher-Aktien steigen

Nach zehn WM-Läufen spricht vieles für den Deutschen / Kleine Teams sorgen für mehr Spannung / Was wird mit Frentzen?VON HARTMUT MOHEIT BERLIN.

Nach zehn WM-Läufen spricht vieles für den Deutschen / Kleine Teams sorgen für mehr Spannung / Was wird mit Frentzen?VON HARTMUT MOHEIT BERLIN.Jacques Villeneuve, der kleine Kanadier mit den blondgefärbten Haaren, gab sich kämpferisch: "Michael Schumacher hat zwar zehn Punkte Vorsprung, aber die Weltmeisterschaft ist damit längst nicht entschieden." In den ausstehenden sieben Rennen der Saison kann der WM-Zweite des Vorjahres tatsächlich noch alles zu seinem Gunsten entscheiden.Der bisherige Saisonverlauf dokumentiert allerdings Ungewöhnliches bei den erfolgsverwöhnten Williams-Renault-Fahrern.Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring, dem zehnten Grand Prix in diesem Jahr, schied nicht nur Villeneuve zum fünften Mal vorzeitig aus, durch den Ausfall seines Teamgefährten Heinz-Harald Frentzen (sogar die siebente "Nullnummer") zählte man zu den ganz großen Verlierern des Wochenendes.Endet damit langsam eine Erfolgsära? Während allerdings Villeneuve trotz seines erneuten Mißgeschicks ("Ich bin durch eigenen Fehler gescheitert") noch ganz glimpflich davon kam - schließlich stehen bereits vier Siege auf seinem Konto -, stand Frentzen erneut ganz stark in der Kritik.Heute oder am Mittwoch soll es beim amtierenden Konstrukteurs-Weltmeister Williams eine Krisensitzung geben.Frentzen hat einen Zweijahresvertrag.Dieser wird von Teamchef Frank Williams und dessen Anwälten nach Veröffentlichungen englischer Medien derzeit geprüft, vermutlich wegen einer vorzeitigen Auflösung.Selbst Frentzens Dauerkritiker, Williams-Technikchef Patrick Head, verschlug es im Badischen die Sprache: "Ich muß erst eine Nacht darüber schlafen.Es wird aber bestimmt keine Panik-Reaktion geben." Der Druck wird immer größer, bereits auf dem Hungaroring am 10.August würde eine erneute "Doppelnull" zwangsläufig zum Knall führen.Erfolge aus der Vergangenheit zählen längst nichts mehr.In den zurückliegenden zwei Jahren gab es sie in Ungarn durch Weltmeister Damon Hill und zuletzt durch Villeneuve. Die unerwartenen Schwächen bei Williams und die damit zunehmende Nervosität bei diesem Team, nutzen andere Rennställe zu eigener Reputation.Nicht in erster Linie Ferrari und Benetton-Renault (Hockenheim-Sieger Gerhard Berger: "Die letzte Runde im Motodrom werde ich nie vergessen"), deren Qualitäten allseits bekannt sind.Vor allem Jordan-Peugeot mit Giancarlo Fisichella und Ralf Schumacher sowie Prost Mugen-Honda (Jarno Trulli, Shinji Nakano) schoben sich in den Vordergrund.Diese Teams füllen beiweitem nicht mehr nur die Starterfelder auf - was dagegen auf Tyrell-Ford (Mika Salo Jos Verstappen) oder Minardi-Hart (Ukyo Katayama, Tarso Marques) zutrifft - sie setzen selbst Akzente im Spitzenfeld.Das bringt Spannung ins WM-Geschehen, kompensiert ein wenig das recht eintönige Geschehen während der Rennen selbst.Überholvorgänge sind in der Formel 1 zur Mangelerscheinung geworden.Qualifying, wenn es um die Startpositionen geht, und Boxen-Strategien entscheiden mehr denn je den Ausgang eines Rennens. Über allen thront nur Michael Schumacher im Ferrari.Er fährt nicht unbedingt das schnellste Auto, holt jedoch das Maximum aus seiner Situation heraus.Professioneller als er arbeitet niemand in der Königsklasse des Motorsports.Euphorisch schrieb der italienische "Tuttosport" nach Hockenheim: "Michael, der Hexenmeister, der ohne Zauberstab das Wunder vollbrachte: Ihm reicht ein Auto, auch mit kaputtem Gang und fast leerem Tank." Bei aller Übertreibung, im Kern wird dies dem zweimaligen Champion gerecht.Der Kerpener warnt zwar immer wieder davor, ihn bereits als nächsten Weltmeister zu feiern, seine Gegenwehr in dieser Frage ist aber längst geringer geworden.Nur noch kleinlaut schob er vor dem Ungarn-Grand-Prix die Favoritenrolle von sich: "Die Strecke beim nächsten Rennen in Ungarn liegt uns nicht so.Es gibt viele enge Kurven, die uns in der Vergangenheit Probleme bereiteten." Niemand glaubt ihm so richtig.Michael Schumacher hat nicht nur einmal bewiesen, daß mit jeder komplizierten Situation - solange sein Auto nicht ausfällt - klarkommt.Der erste Titel eines Deutschen in einem Ferrari ist nach Hockenheim in noch mehr greifbare Nähe gerückt.

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