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Sport: Die 30-jährige Tennisspielerin fühlt sich "müde und verbraucht", steht aber (noch) auf Platz 10 der Weltrangliste

Jana Novotna hatte sich vorher geschworen, "bloß nicht sentimental zu werden" und nicht mit "feuchten Augen" in die Kameras zu schauen. Dass sie im großen Interviewsaal des Arthur-Ashe-Stadions in Flushing Meadow - gegen alle heiligen Vorsätze - schließlich doch ein paar Tränen verdrücken muss bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts zum Jahresende, findet Novotna dann aber auch nicht weiter schlimm: "Es war einfach eine so schöne Zeit im Tennis, da kann man schon mal wehmütig werden.

Jana Novotna hatte sich vorher geschworen, "bloß nicht sentimental zu werden" und nicht mit "feuchten Augen" in die Kameras zu schauen. Dass sie im großen Interviewsaal des Arthur-Ashe-Stadions in Flushing Meadow - gegen alle heiligen Vorsätze - schließlich doch ein paar Tränen verdrücken muss bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts zum Jahresende, findet Novotna dann aber auch nicht weiter schlimm: "Es war einfach eine so schöne Zeit im Tennis, da kann man schon mal wehmütig werden." Abseits aller kurzen Rührung indes gibt es "keinen Grund zum Heulen" über die Entscheidung, sagt die Pragerin. Und das hat für sie einen guten, einleuchtenden Grund: "Ich gehe im richtigen Moment. Ich will nicht warten, bis mich Gegnerinnen schlagen, die mich nicht schlagen dürften."

Den Absprung noch in einem Augenblick geschafft zu haben, "in dem mich die Leute gut in Erinnerung haben", erfüllt die Blondine mit Stolz. Ein langsamer Absturz, womöglich irgendwann noch Mitleid der Massen - das wäre ihr ein Greuel gewesen: "Mit so einem Ende", weiß Novotna, "macht man sich die ganze Karriere kaputt." Gegenwärtig wird sie im Weltranglisten-Computer immerhin noch ansehnlich als Nummer zehn geführt. Bei den US Open schied die Tschechin in der dritten Runde gleichzeitig im Einzel (gegen Anke Huber) und Doppel aus.

Die Entscheidung, einen Schlusspunkt zu setzen, ist Novotna ähnlich wie zuletzt Steffi Graf "gar nicht besonders schwer gefallen": "Ich fühle mich müde und verbraucht", sagt sie, "die Motivation ist weg." In den letzten Wochen hat sie so manches Mal morgens festgestellt, "dass ich aufwachte und keine Lust mehr hatte, zum Training zu gehen." Auch die zuweilen ermüdende Routine im Tour-Betrieb, die langen Tage in den Spielerlounges, die strapaziösen Reisen wurden immer mehr zur Belastung. Die Aussicht, noch ein paar Jahre "aus dem Koffer leben zu müssen", habe sie als "furchtbar" empfunden, sagt Novotna.

Die Konsequenz, eine solche professionelle Halbherzigkeit rasch zu beenden, teilt die 30-jährige Novotna mit der 30-jährigen Graf: "Man muss mit ganzem Herzen dabeisein - oder aufhören." Allerdings gibt sich Novotna noch Zeit bis zum Saisonfinale, weil sie jetzt, da sie das Abschiedsverdikt in eigener Sache gefällt hat, durchaus noch mal einen fulminanten Schlussspurt hinlegen will: "Ich werde bis Mitte November meinen Spaß und hoffentlich auch Erfolg haben", sagt Novotna.

Vielleicht wäre die sensible Athletin als beste Tennisspielerin ohne Grand-Slam-Titel in die Geschichtsbücher eingegangen, wäre ihr zuguterletzt nicht 1998 in Wimbledon doch noch der große Triumph im heiligen Gral des weißen Sports geglückt. Damit befreite sich Novotna von den Dämonen der Vergangenheit, besonders von der Tragik, die sich die hypernervöse Sportlerin 1993 im verlorenen Finale der Offenen Englischen Meisterschaften selbst zufügte. Damals führte Novotna 4:1 und 40:15 im dritten und letzten Satz gegen die haushohe Favoritin Steffi Graf - und verlor noch. Die Bilder der Tschechin, die sich an der Schulter der Herzogin von Kent ausweinte, gingen um die Welt.

Der Sieg vor fünfzehn Monaten war tiefe Genugtuung für die Verspottete und Vielgeschmähte. Und ein Grund, gelassener in das Leben nach dem Tennis hinüberzuwechseln: "Seit dem Wimbledon-Erfolg habe ich meinen Frieden mit meiner Karriere gemacht", sagt Novotna, die sich in London und auf anderen Centre-Courts der Welt immerhin ein Gesamtpreisgeld von über elf Millionen Dollar erspielte.

Mit Novotnas angekündigter Demission steht auch fest, dass die Abschiedsfeierlichkeiten Mitte November, wenn sich die besten Spielerinnen zum Masters-Turnier im Madison Square Garden treffen, nun noch ein bisschen größer werden. Denn beim Saisonabschluss mitten in Manhattan will die WTA-Tour ja auch die erfolgreichste Spielerin der Moderne, Steffi Graf, für ihr Lebenswerk auf dem Centre-Court ehren.

Jörg Allmeroth

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