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Die Bepflanzung des Mondes: London errichtet Parks und neue Wohnungen

In London ist die Olympia-Begeisterung dem Realitätssinn gewichen. Trotzdem kann Olympia den Menschen auch nutzen.

Viele Londoner erinnern sich noch an den Jubel, mit dem sie den Olympiazuschlag 2005 auf dem Trafalgar Square begrüßten. Konfettikanonen schossen Glitzer in die Sonne. Die „Red Arrows“ der Royal Airforce donnerten im Tiefflug über die Stadt und zogen eine blau-weiß-rote Freudenspur an den Himmel. Am darauffolgenden Tag erschütterten vier Terroranschläge die Stadt. 52 Menschen und vier Terroristen starben. Zum ersten Mal attackierten Briten in ihrem eigenen Land andere Briten. Die Freude über den Zuschlag war den Londonern schnell vergangenen.

Für den immer begeisterten Bürgermeister Boris Johnson sind solche Erinnerungen weit weg. Diese Woche eröffnete er das olympische Dorf, lag in einem schmalen Athletenbett zur Probe und erklärte einmal mehr, wo für ihn die Messlatte für London 2012 liegt: „Der Unterschied zwischen guten Spielen und den fantastischsten Spielen, die es je gab“. Probleme mit Sicherheitsbeamten, Risse in der Autobahn, Angst vor Verkehrschaos sind für ihn nur „ein paar lockere Nägel, die wir noch einschlagen müssen“.

Seit Monaten trommeln Offizielle für Olympia. Premier David Cameron ließ ausrechnen, dass die Spiele der britischen Wirtschaft in den nächsten vier Jahren mit 13 Milliarden Pfund auf die Sprünge helfen. Johnson preist „Tausende neuer Jobs, neue Wohnungen, neue Infrastruktur“. Ein Großteil der Londoner Bewohner steht solchen Aussagen laut Umfragen skeptisch gegenüber.

Doch vor allem mit der Frage nach Wohnraumsteigerung beschäftigten sich die Stadtplaner intensiv. „Keine weißen Elefanten“, lautete ihre Losung. Und so wurde ein verseuchtes und heruntergekommenes Industriegebiet, das wie eine Mondlandschaft einen Entwicklungsriegel im Osten der Stadt bildete, in eine blühende Parklandschaft verwandelt. Und wenn die Sportler London wieder verlassen haben, Olympiastadion und Schwimmstadion verkleinert und der nacholympischen Wirklichkeit angepasst sind, können die Einheimischen den „Queen Elizabeth Olympia Park“ übernehmen, und das olympische Dorf wird zu einem neuen Stadtteil mit neuem Wohnraum und einer Verkehrsinfrastruktur, die den Osten Londons erstmals in seiner Geschichte in die Stadt einbinden wird. 75 Prozent der Olympiakosten, betont die Olympia-Gesellschaft ODA (Olympic Delivery Authority), dienten zur Finanzierung dieses Erbes.

Die Spiele sollen aber nicht nur eine Feier sportlicher Höchstleistungen werden, sondern vor allem auch unterschiedlicher Völker und Kulturen. Die fünf Olympia-Stadtbezirke Hackney, Newham, Tower Hamlets, Greenwich und Waltham Forest sind die buntesten Viertel der Stadt – 42 Prozent der Menschen gehören sogenannten „ethnischen Minderheiten“ an.

Für London besteht also die einzigartige Chance, nicht nur mit seiner rasanten Entwicklung zu protzen, sondern sich der Welt auch als globale Metropole zu präsentieren.

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