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Sport: Die bessere Zukunft

Trainer Andreas Schütz wechselt nach Hongkong, weil er den Galoppsport in Deutschland im Tief sieht

Epalo ist ein Pferd, das gerne fliegt. „Lediglich Starts und Landungen des Flugzeugs sind für ihn ungewöhnlich, aber die Piloten wissen, dass sie mit diesem Gast an Bord möglichst flach abheben oder aufsetzen müssen“, sagt der Kölner Trainer Andreas Schütz. „Auf einem wackeligen Pferdetransporter ist es für Epalo viel unruhiger.“ So waren die zwölf Flugstunden bis nach Hongkong für den sechsjährigen braunen Hengst, den Weltmeister der Galopper 2004, auch diesmal nichts ungewöhnliches. „Er ist in guter Form, um am Sonntag mindestens eine gute Platzchance zu haben. An den Sieg denke ich im Moment nicht“, beschreibt Schütz die Chancen für Epalo, den einzigen deutschen Kandidaten im diesjährigen WM-Finale über 2000 Meter, das mit 2,3 Millionen US-Dollar dotiert ist. Auf die unmittelbare berufliche Zukunft des 37-jährigen Andreas Schütz hat das Abschneiden keinerlei Einfluss mehr: Er wird am 3. Juli 2006 seinen Job als Trainer in Hongkong antreten.

Das hat er auch Epalos Erfolgen zu verdanken: „Mein Traum war es immer, mal in Hongkong zu arbeiten. Nach den großen Erfolgen von Epalo musste ich handeln, denn um die Zukunft der deutschen Galopper sieht es eher schlecht aus“, sagte Schütz. Eine Wohnung mit Blick auf „Happy Valley“, die Nobel-Bahn mitten in Hongkong, hat er bereits gefunden.

Nach dem großen Rennen am Sonntag, bei dem Epalo unter Jockey Andrasch Starke von der ungünstigen Außenbahn starten wird, heißt es für ihn zunächst noch, in Deutschland einen Nachfolger zu finden. Gedanklich hat er aber „zumindest für die kommenden zehn Jahre“ mit dem Galopprennsport in Deutschland abgeschlossen. „Ich habe dort ein Niveau erreicht, dass nicht zu halten wäre“, sagt Schütz. Und dann spricht er wie jene Unternehmer, die ihre Produktion gerade ins Ausland verlagert haben: „Die Situation in Deutschland ist wenig hoffnungsvoll. Ab 2007, wenn die Mehrwertsteuer steigt, wird das auch landwirtschaftliche Produkte betreffen. Also, wir werden viel höhere Ausgaben, etwa für Stroh und Futtermittel, haben, und demgegenüber weniger einnehmen durch Wetten.“ Die Menschen, so meint Schütz, könnten sich die Wetten immer weniger leisten, aber der Galoppsport lebe nun mal davon. Das ernüchternde Fazit von Andreas Schütz: „Das kann nicht gut gehen.“ Hinzu kommt, dass immer mehr Besitzer ihre besten Pferde in andere Länder verkaufen. Es werde deshalb künftig kaum noch internationale Spitzengalopper aus Deutschland geben.

Andreas Schütz sieht heute Verhältnisse im deutschen Galoppsport, wie sie vor ein paar Jahren in Holland und in Belgien eingetreten sind. „Da haben wir gelacht, wenn sie mit ihren Pferdeanhängern ankamen, um ein paar Mark auf unseren Bahnen zu verdienen. Heute lachen die Franzosen über uns, wenn wir wegen ein paar Euro bei ihnen auftauchen.“ Das große Geld wird heutzutage ohnehin nur in Dubai, den USA – und eben in Hongkong gewonnen.

Für die 1,3 Millionen Euro, die Schütz 2004 als deutscher Trainer-Champion mit 71 Siegen verdiente, hätte er in Hongkong nur sieben Erfolge und ein paar Platzierungen benötigt. Dass ihm der einflussreiche Jockey Club in Hongkong, der 12 400 Mitglieder zählt und größter Steuerzahler der einstigen britischen Kronkolonie ist, am 4. November offiziell einen Zweijahresvertrag gegeben hat, sieht Schütz als eine Riesenchance. Im ersten Jahr kann er sich seinen Rennstall aufbauen, aber ab 2007 wird es dann ernst. „Wer nicht 13 Siege und 8,8 Millionen Dollar in einer Saison verbuchen kann, der fliegt raus. Vielleicht gibt es bei besonderen Umständen noch ein Jahr Gnadenfrist“, sagt Schütz.

Zudem darf man sich nichts zuschulden kommen lassen, etwa Dopingvergehen oder Kokainmissbrauch, was beispielsweise Jockey Andrasch Starke im Jahre 2001 nachgewiesen wurde. Damals musste er das Land verlassen, aber sonderlich nachtragend ist man in Hongkong offensichtlich nicht. „Ich habe gestaunt, dass sie mich wieder eingeladen haben“, sagt Starke, der am Mittwoch überlegen das Jockey-Championat und damit umgerechnet knapp 20 000 Euro gewonnen hat. Ein gutes Omen für den Ritt am Sonntag auf der modernen Rennbahn „Sha Tin“ am Rande Hongkongs, wo der lange verletzte Epalo als ausgeruhtes Pferd hoch gewettet ist. Andreas Schütz glaubt fest daran, ein Pferd dieser Klasse bald auch in Hongkong in seinem Stall zu haben. Vor harter Arbeit hat er sich nie gescheut.

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