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Sport: Die Besten zum Schluss

Von Helen Ruwald Köln. Die Kollegen knäulen sich innig am Boden, Marko Pesic aber ist noch nicht nach Kuscheln, allein hüpft der Basketballer von Alba Berlin vor der Tribüne übers Spielfeld.

Von Helen Ruwald

Köln. Die Kollegen knäulen sich innig am Boden, Marko Pesic aber ist noch nicht nach Kuscheln, allein hüpft der Basketballer von Alba Berlin vor der Tribüne übers Spielfeld. Er macht einen Satz und noch einen und ballt schließlich triumphierend die Fäuste. Es war vollbracht. Alba ist durch ein 69:68 nach Verlängerung im dritten Finalspiel bei Rhein Energy Cologne zum sechsten Mal in Folge Deutscher Basketballmeister. 62:62 (34:30) hatte es nach 40 Minuten geheißen.

„In den Play-offs war das die beste Alba-Mannschaft aller Zeiten“, sagte Marko Pesic später, der auch seinen Vater auf der Kölner Trainerbank besiegte. Doch zunächst lässt Betreuer Eicke Marx eine Sekt-Fontäne auf die jubelnden Berliner los, Präsident Dieter Hauert drückt den nackten Oberkörper von Dejan Koturovic an sich. Der Jugoslawe hat sich sofort das Trikot heruntergerissen, um das Meister-Shirt überzustreifen mit dem Aufdruck „Cup und Champion 2002: Alba Berlin". Silberner Konfettiregen prasselt auf die Berliner herab. Als die Verlierer ihre Silbermedaillen umgehängt bekomen, ziehen Jörg Lütcke und Sven Schultze schon genussvoll an ihren Zigarren. Teoman Öztürk lässt seine sogar zwischen den Lippen klemmen, als er kurz darauf das Meisterbrett schwenkt, die Trophäe für den Sieger. Die Feier geht heute um 14.30 Uhr in der Max-Schmeling-Halle weiter, mit den Fans.

„Es ist Zeit, Alba zu gratulieren. Sie sind verdient Meister geworden“, sagte Svetislav Pesic. Er hatte nicht nur das Duell gegen seinen Sohn verloren, sondern auch das gegen Mutapcic, der sein Assistent gewesen war, als Pesic die Marke Alba kreierte und mit dem Team vier Meistertitel holte. Kapitän Henrik Rödl nahm Drazan Tomic in den Arm, Tomic seinerseits Mutapcic. Tomic lachte, dabei gehörte er zu den Verlieren. Aber er ist einer von mehreren ehemaligen Berlinern bei Rhein Energy. Über einen eigenen Titel konnte er sich nicht freuen, also freute er sich über den seiner Freunde. „So ein Finale und ein Sieg nach Verlängerung, das ist absoluter Wahnsinn, unglaublich“, jubelte Rödl, „wir hatten so viele Probleme. Wenn man sich da heraus kämpft, ist ein Sieg besonders schön.“ Alba war nur als Tabellenfünfter in die Play-offs gegangen, hatte dort aber kein einziges Spiel verloren. Für Rödl war es ein Tag besonders großer Emotionen: Morgens um sechs Uhr kam gestern in Berlin Sohn Elias zur Welt.

Stolze Männer seien die Kölner, hatte Marko Pesic gewarnt, „stolz genug, nicht 0:3 unterzugehen". Pesic sollte Recht behalten. Die Kölner gaben alles – und hatten am Ende nichts. Ein Einpeitscher mit Trillerpfeife und Mikrofon lief vor einer Tribüne im winzigen Energy Dome auf und ab - und machte seinen Job hervorragend. Die rund 3000 Zuschauer tobten, brüllten, sangen, egal, welchem Lager sie angehörten. Die Spieler taten ein Übriges für die fantastische Stimmung: Die Partie war an Spannung, Kampf und Tempo nicht zu überbieten. Kein Team konnte sich entscheidend absetzen. Wie nervös die Berliner waren, zeigte sich bei Freiwürfen: Sie verwarfen 20 von 38. Das entspricht einer Trefferquote von 47 Prozent – bei Köln waren es 80 Prozent. Die Kölner bekamen aber nur ganze 15 zugesprochen. Das war eine der Merkwürdigkeiten in einem denkwürdigen Spiel. Alba verbuchte nur einen erfolgreichen Dreipunktewurf, Köln dagegen acht – dafür blamierten sich die Gastgeber in der ersten Halbzeit mit einer Feldwurfquote von nur 22 Prozent. Beide Mannschaften erzielten gemeinsam 109 Rebounds, so viele, dass Svetislav Pesic staunend sagte: „So etwas erlebt man einmal im Leben. Das war Krieg im positiven Sinne." Würden die Kölner Fans in Block D mit ihrem Plakat „Bis zum bitteren Ende“ Recht behalten? Oder sollten die Anhänger ebenso danebenliegen wie die der Berliner in Block C. Albas Fans hatten untereinander die Städten Leverkusen, Frankfurt und Köln geschrieben, hinter jedem war ein Haken. Viertelfinale, Halbfinale, Finale – alles abgehakt, Titel gesichert.

Doch so einfach war es nicht. Mal führte Alba knapp, dann lag der Meister wieder knapp zurück. Albas Präsident Dieter Hauert zog sich auf seinem Tribünenplatz direkt hinter der Alba-Bank, vor Aufregung schwitzend, das Jackett aus. Vizepräsident Marco Baldi behielt seines zwar an, sprang auf der Bank aber ein ums andere Mal nervös auf. Grund dazu hatte er: Vor dem letzten Viertel lag Alba nach einer 46:44-Führung plötzlich 46:51 zurück. Das Plakat mit den abgehakten Städtenamen war verschwunden. Dann machte Albas Mann für die wichtigen Würfe drei Minuten vor Schluss den Ausgleich zum 57:57: Wendell Alexis. Unentschieden stand es auch nach dem vierten Viertel, 62:62. Bei Köln waren Bogojevic und Kukic nach dem fünften Foul nur noch Zuschauer. Während der Verlängerung sangen die Zuschauer fröhlich „Hände zum Himmel, oh lasst uns fröhlich sein“. Dann brachte Koturovic Alba mit 69:68 in Front, doch Marko Pesic vergab zwei Freiwürfe. Eine Minute später startete er trotzdem seine Freudensprünge. Fröhlich war am Ende Alba Berlin.

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