zum Hauptinhalt
Gleich ist er drin. Antonio Cassano köpft den Ball zum 1:0 für Italien ins Tor, Irlands Keith Andrews kann es nicht verhindern. Foto: Reuters

© REUTERS

Sport: Die bösen Jungs auf guter Mission

Italien erreicht durch das 2:0 gegen die Iren das Viertelfinale – dank der Tore der zuletzt kritisierten Stürmer Cassano und Balotelli.

Wie groß die Verlockung in dem Moment war, einfach mitzusingen mag er allein gewusst haben. Der ehemalige Nationaltrainer Italiens schwieg als die Hymne seiner Heimat gespielt wurde und aus den Mündern der italienischen Spieler das „Fratelli Italia“ (Bruder Italien) an seine Ohren drang. Giovanni Trapattonis Gesicht, das Gesicht des Nationaltrainers der Iren, blieb ausdruckslos starr. Auch bei der Hymne Irlands. Von der Tribüne drang bald der neue irische Klassiker zu ihm herunter: „Oh Trapattoni, he used to be Italian, but he is Irish now.“ („Er war Italiener, heute ist er irisch“).

Viel genutzt hat die Ehrerbietung dem 73 Jahre alten Trainer Irlands das Lob nicht, er konnte trotzdem zufrieden sein mit der letzten Darbietung seiner Mannschaft im EM-Turnier. Italien erreichte zwar mit einem 2:0 (1:0)-Erfolg durch die Tore von Antonio Cassano und Mario Balotelli das Viertelfinale, aber Irland hatte sich nach dem 1:3 gegen Kroatien und dem 0:4 gegen Spanien sehr ordentlich präsentiert. Am Ende aber war alles wie zuvor erwartet: Irland und Trapattoni schieden mit drei Niederlagen und einem erzielten Tor aus. Keith Andrews sah in der 89. Minute die Gelb-Rote Karte. Italien erreichte mit einem 2:0 und zwei 1:1-Unentschieden gegen Spanien und Kroatien die nächste Runde.

Aber die Iren kämpften und setzten im letzten Spiel das um, was ihr Coach vor der Partie aller Welt versichert hatte: Trapattoni würde Italien nicht helfen, dieses Mal müsse sich Italien alleine helfen. Die Ausgangslage der Italiener war klar, die Mannschaft von Cesare Prandelli musste gewinnen, war aber gleichzeitig ausgeschieden, wenn Spanien und Kroatien 2:2 spielen würden. In Italien waren deshalb Verschwörungstheorien gestrickt worden, weil man 2004 durch eine ähnliche Konstellation ausgeschieden war. Übrigens mit Trapattoni als Nationaltrainer.

Italiens Trainer Cesare Prandelli hatte seine Startelf auf vier Positionen verändert und trat mit einer Viererkette und drei neuen Verteidigern in der Abwehr an. Im Sturm kam Antonio di Natale statt des angeschlagenen Mario Balotelli. Die Iren boten im Sturm Kevin Doyle statt Simon Cox auf. Irland war das dominierende Team der ersten halben Stunde, wobei sie nicht nur in der Defensive kompakt auftraten, sondern Italien mit Kontern unter Druck setzten. Dem Team von Prandelli fiel zunächst wenig ein, um die Iren in Schwierigkeiten zu bringen. Die Iren allerdings waren bei ihren Angriffen wenig effektiv.

Dafür kamen die Italiener mit zunehmender Spielzeit besser zurecht. Irlands Schwung, der begleitet wurde von frenetischen Gesängen der ihrer vielen Fans, ebbte ab. Di Natales Schuss fast von der Grundlinie aus konnte Sean St. Ledger vor der Torlinie abwehren. Sekunden später erreichte Andrea Pirlos Eckball den Hinterkopf von Antonio Cassano. Damien Duff erwischte den Ball in seinem 100. Länderspiel erst hinter der Linie. Italien, das wenig überzeugt hatte, führte gegen Irland, das sich als zu harmlos erwiesen hatte.

Die Italiener ließen sich erstaunlich viel Zeit und gingen verschwenderisch mit ihren Chancen um, dabei hätte man unter Umständen ein höheres Ergebnis gebraucht. Wie Di Natale versuchte, ein Tor zu erzielen, wirkte zuweilen dilettantisch. Balotelli kam, die nächste Chance hatten die Iren. Mit Keith Andrews Freistoß hatte Gianluigi Buffon Mühe. Italien gab fahrlässig oft die Spielkontrolle aus der Hand, was die Iren nicht nutzen konnten. Im Gegenteil: sie kassierten in der Schlussminute noch das 0:2 durch Balotelli – der zusammen mit Cassano in diesem Turnier den so genannten „Bad-Boy“- Sturm bildete, der viel und mitunter wohl nicht zu Unrecht kritisiert wurde.

Doch gestern Abend hatten die beiden bösen italienischen Jungs eine gute Mission erfüllt. Italien ist im Viertelfinale und trifft dort auf den Sieger der Gruppe D, in der sich heute entscheidet, wer von den drei Mannschaften England, Ukraine und Frankreich weiterkommt.

Irland verabschiedet sich mit einem achtbaren Auftritt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false