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Sport: Die Brücke nach Asien

Der Grand Prix am Bosporus soll den Ruf der Formel 1 bis weit in den Osten tragen

Berlin - Der Asphalt der Piste ist tiefschwarz. Das liegt am hohen Teergehalt. Dafür aber ist der Asphalt sehr hitzebeständig, das ist wichtig. Es wird heiß am Sonntag in Istanbul, genauer gesagt: am „Istanbul Speed Park“, wo erstmals ein Formel-1-Grand-Prix in der Türkei ausgetragen wird (Sonntag, 14 Uhr, live in RTL und Premiere). „Die Hitze bedeutet eine extreme Herausforderung“, sagt deshalb BMW-Motorendirektor Mario Theissen. Aber hier geht es um weit mehr als nur bloße Technik. „Ein neuer Grand Prix bedeutet auch neue Märkte und Chancen“, sagt Theissen.

Neue Märkte, das ist der Punkt. 2004 Grand-Prix-Premieren in Schanghai in China und in Bahrain, 2005 die Türkei, bald kommt vielleicht Moskau dazu. Die Formel 1 ist ein Milliarden-Unternehmen, eine PR-Plattform für Autohersteller, Motorenproduzenten und Sponsoren. Die brauchen neue Absatzmärkte. BMW verkauft in der Türkei jährlich rund 5000 Autos, das ist nicht allzu viel. „Aber wir sind seit 20 Jahren Marktführer im Bereich Luxusautos“, sagt BMW-Sprecher Frank Wienstroth. Diese Position kann das Unternehmen ausbauen. „Außerdem kann die Türkei in den asiatischen Markt ausstrahlen.“

Der wichtigste asiatische Markt freilich ist China. „Dieses Land ist für Sponsoren ungemein interessant“, sagt Joachim Lange, Geschäftsführer der Kölner Marketing-Agentur PRISM. Die PR-Experten vertreten mehrere Formel-1-Sponsoren. Allerdings besitzt der chinesische Markt vor allem strategischen Charakter. „Dort besteht ein großes Marktpotenzial, das sich entwickeln kann“, sagt Lange. „Man muss dort einfach dabei sein, um nicht möglicherweise Chancen zu verspielen. Dort herrscht Goldgräberstimmung. Die Olympischen Spiele 2008 in Peking verstärken diesen Trend noch.“

BMW hat 2004 in China nur 23000 Autos verkauft, es gibt derzeit nicht mehr als 40 BMW-Händler. Noch fehlen schlicht genügend finanzstarke Kunden. „Aber mit der Formel 1 werben wir vor allem für das Image von BMW. Sportlichkeit, Dynamik“, sagt Wienstroth. VW hat immerhin rund 15 Jahre gebraucht, um in China eine gewisse Marktposition zu erreichen.

Schneller als Autohersteller können andere Sponsoren an viele Kunden kommen. Dietrich Mateschitz zum Beispiel, Produzent des Energiedrinks Red Bull und Chef des gleichnamigen Formel-1-Teams. „Für den ist China ein gigantischer Markt“, sagt Lange. 2004 hat Metschitz, der österreichische Unternehmer, zwei Milliarden Dosen mit seinem Energy Drink verkauft, Umsatz: 1,7 Milliarden Euro. Bis 2010 will er den Absatz vervierfachen. „Red Bull gilt in China als westliches Statussymbol“, sagt Lange. Eine Red-Bull-Dose kann sich auch ein Durchschnittsverdiener leisten. Zudem bietet die Formel 1 eine ideale Bühne, um Geschäftskontakte zu pflegen.

In Golfstaaten wie Bahrain dagegen muss man das Geld quasi nur noch abgreifen. „Diese Staaten suchen Alternativen zum Ölabsatz“, sagt Lange. Tourismus, Event-Management, das sind neue Märkte für die Scheichs. Und die Formel 1 greift gerne zu. Bahrain hat mit dem Grand Prix den Anfang gemacht, jetzt will die Familie des Emirs von Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Formel-1-Team gründen. Einen gigantischen Sportkomplex ließ der Emir in Dubai schon bauen. „Die wollen sich da unten auch gegenseitig übertreffen“, sagt Lange. Auch Russland, sagt Lange, werde für die Formel 1 interessant. Jedenfalls strategisch gesehen. Dort entwickle sich „ein Mittelstand, der das Land stabilisieren kann“. Und dieser Mittelstand besitzt dann Geld, um Westware zu kaufen.

Einer der traditionellen Formel-1- Märkte muss aus Sicht des Marketingexperten dagegen schon sehr bald um seine Bedeutung kämpfen. „Dass Deutschland immer noch zwei Grand-Prix-Rennen ausrichtet“, sagt Lange, „das verwundert mich doch sehr.“

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