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Sport: Die Champions rufen

Kaum aus dem Uefa-Cup raus, träumt der HSV schon vom ganz großen Coup

Von Karsten Doneck, dpa

Rafael van der Vaart hätte sich feiern lassen können. Sein Tor nach 63 Minuten Spieldauer zum 3:1 verdiente diese Anerkennung. Aber der Holländer drehte schnell ab, seine Arme rotierten dabei wie Windmühlenflügel. Van der Vaarts Signal verstanden die Mitspieler beim Hamburger SV: Weiter, nicht nachlassen, Dampf machen, den Gegner unter Druck halten. Schließlich fehlte dem HSV im Achtelfinal-Rückspiel des Uefa-Cups gegen Rapid Bukarest trotz einer 3:1-Führung immer noch ein Tor zum Weiterkommen. Es fiel aber kein Treffer mehr. Nach einem „grandiosen Spiel“, so HSV-Trainer Thomas Doll, schied der Bundesliga-Zweite aus. Die 0:2-Niederlage vom Hinspiel hatte sich als zu schwere Hypothek erwiesen.

Dennoch haben die Hamburger ihrem Publikum einen eindrucksvollen Europapokal-Abend geboten, von der Dramaturgie her vergleichbar mit dem denkwürdigen 4:4 am 13. September 2000 gegen Juventus Turin, damals in der Champions League. Gegen Bukarest führte der HSV zur Halbzeit durch Lauth und Barbarez mit 2:0, kurz nach der Pause fiel der verhängnisvolle Gegentreffer durch Buga. Fortan entwickelte sich auf dem Rasen eine Eigendynamik, die von den Trainerbänken aus kaum noch zu steuern war. Plötzlich erfand der HSV ein Spielsystem, das an keiner seriösen Sportschule zum Lehrprogramm zählt. 4-4-2? 4-3-3? Will man die Vorgehensweise des HSV in den letzten 30 Minuten unbedingt in eine derartige Zahlenkombination pressen, dann würde man wohl auf ein 3-0-7 kommen: drei Verteidiger, kein echtes Mittelfeld mehr, der Rest Angreifer.

Was daraus entstand, verführte Bukarests Trainer Razvan Lucescu zu der Feststellung, er habe zum Schluss „die verrücktesten 20 Minuten in meinem Fußballleben erlebt“. Die Abwehr der Rumänen wackelte und wankte, aber „bei uns hat immer eine Fußspitze gefehlt“, wie Doll bedauerte. Und weil der HSV so weit aufgerückt war, ergaben sich für Rapid permanent Kontermöglichkeiten. Das Geschehen erreichte dadurch eine ungewöhnlich dichte Dramatik. Von einem „phantastischen Spiel mit sehr hoher Intensität“ sprach nachher Lucescu.

Thomas Doll wollte sich mit dem Ausscheiden nicht lange aufhalten. „Wir haben gesehen: Es macht Spaß, international Fußball zu spielen. Noch mehr Spaß macht es, gegen die ganz Großen in Europa zu spielen“, sagte er. Wer den Sinn dieser Worte nicht begriffen hatte, dem half Doll auf die Sprünge: „Wir sind bereit, den Kampf um die Champions-League-Plätze anzunehmen.“ So dezidiert hat der HSV in dieser Saison noch nie sein Ziel definiert, bisher war allenfalls vom Erreichen eines Uefa-Cup-Platzes die Rede.

Dass der „unglückliche Sieg“ des HSV auf die Moral drückt und sich das schon am Sonnabend im Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg niederschlägt, glaubt Doll nicht: „Durch solche Spiele wie gegen Bukarest wächst ein Team doch nur.“

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