zum Hauptinhalt

Sport: Die deutsche Party beenden

Schwedens Team gibt sich vor dem Duell mit dem Gastgeber selbstbewusst

Lars Lagerbäck und Olof Mellberg haben sich das ja nicht ausgesucht, die Rolle der großen Spaßverderber wurde ihnen quasi aufgezwungen. Vor allem der Trainer der schwedischen Nationalmannschaft gilt als höflicher Mensch, und auch deren Kapitän gönnt gewöhnlich jedem seinen Spaß. Doch bei der gestrigen Pressekonferenz im Saal Strauss des Münchner Hotels City Hilton ließen sie keine Zweifel daran, dass sie heute eine Ausnahme machen müssen: „Wir werden alles versuchen, um Deutschland zu schlagen“, kündigte Abwehrchef Mellberg ohne jeden Anflug von Schamesröte an. Die Tatsache, dass sein Team bei einem Erfolg gegen den Gastgeber die derzeit weltweit größte Fete namens Deutschland-Party schon zum K.-o.-Runden-Auftakt zerstören würde, war ihm ganz offensichtlich aus tiefstem Herzen wurscht.

Die Schweden gehen nach dem 2:2 im abschließenden Gruppenspiel gegen England mit gestärktem Selbstbewusstsein in die Begegnung in der Münchner Arena, und zumindest geben sie vor, dass ihnen die besondere Konstellation der Aufgabe nicht viel ausmacht. „Es ist weder ein Traum noch ein Albtraum, gegen den Gastgeber zu spielen“, sagte Trainer Lagerbäck in gewohnt unaufgeregter Haltung, „ein Achtelfinale bei einer Weltmeisterschaft ist immer ein schwieriges Spiel“. Ein zumindest angedeutetes Lächeln gönnte er sich bei der Botschaft, dass Starstürmer Zlatan Ibrahimovic seit zwei Tagen schmerzfrei trainiert habe – der Mann von Juventus Turin wird also aller Voraussicht nach den ehemaligen Rostocker Marcus Allbäck wieder aus der Startformation verdrängen.

Dies wird wohl die einzige personelle Veränderung gegenüber dem Spiel gegen England sein, und auch die Taktik wird nicht eigens auf den Gegner zugeschnitten. „Wir werden auch diesmal versuchen, unserem eigenen Spielstil treu zu bleiben“, sagte Lagerbäck, man werde sich nicht an der deutschen Elf orientieren. Michael Ballack? „Wir sind uns seiner Stärken bewusst“, sagte Lagerbäck, „aber eine Sonderbewachung haben wir nicht geplant.“ Miroslav Klose? „Er ist genau wie Lukas Podolski ein guter Stürmer“, würdigte Defensivspezialist Mellberg, „aber die hatte England auch.“

Die große Stärke seiner Mannschaft sieht der Trainer „in ihrem Charakter. Sie spielt unabhängig vom Ergebnis dasselbe Spiel, auf demselben Konzentrationsniveau“, so Lagerbäck, und Mellberg ergänzte, dass inzwischen jeder bereit sei, „hart für den anderen zu arbeiten“. Schon vor dem Abschlusstraining in der Münchner Arena gestern Nachmittag übte die Mannschaft übrigens intensiv Elfmeter. Vor zwei Jahren hatte das Drei-Kronen-Team im Viertelfinale der Europameisterschaft in Portugal Mitfavorit Niederlande am Rande einer Niederlage, scheiterte jedoch letztlich in ebenjener Disziplin.

Den meisten ist das Gefühl noch allzu vertraut, plötzlich aus einer riesengroßen Fußballparty gerissen zu werden, und dieses Erlebnis, das wurde gestern sehr deutlich, würden sie diesmal sehr gern den Deutschen überlassen.

Daniel Pontzen[München]

Zur Startseite