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Mit Pfeil und Bolt. Die Inszenierung des jamaikanischen Weltrekordlers. Foto: dpa

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Sport: Die emotionalen Säulen Was Sport und

Kultur verbindet.

Von Benjamin Apitius

Berlin - Es sind wenige Momente, die die Zeit aushebeln können und sich im Bewusstsein der Menschen verankern. Vor allem sind der Sport und die Kultur jederzeit imstande, solche Momente nahe der Magie zu kreieren. In der Kultur oftmals gewollt und geradezu inszeniert, im Sport dagegen beiläufig und spontan, doch nicht weniger eindrucksvoll.

Solche Momente des Sports hat es wohl bereits in der Antike gegeben, als von jeher die Faszination der Menschen sich stetig zu steigern begann. Ebenso in der Kultur. Und bis heute bilden „Sport und Kultur die beiden emotionalen Säulen unseres Zusammenlebens in der Stadt“. Das sagt Volker Hassemer von der „Stiftung Zukunft Berlin“ in seiner Einführungsrede zu der Veranstaltung „Die Magie des Sports – die Magie der Kultur“.

Der Landessportbund hatte am Freitagabend eingeladen in den Lichthof im Berliner Olympiapark zu einer weiteren Ausgabe seiner „Berliner Sportgespräche“. Und die hundert Besucher durften sich freuen über einen illustren Gesprächskreis aus Sport und Kultur. Lena Schöneborn (Fünfkampf-Olympiasiegerin) war gekommen, ebenso Helmut Digel (Sportwissenschaftler), Birgit Lengers (Deutsches Theater) und Hubert Kolland (Landesmusikrat Berlin).

Was eint die besonderen und aufgeladenen Momente in Sport und Kultur also und was trennt sie? Und was kann man womöglich voneinander lernen?

„Sport ist ja ohnehin schon künstlich –, also Kunst“, sagt Helmut Digel dann: „Denn das, was die Athleten da machen, ist doch alles andere als natürlich. Warum springt denn jemand 6 Meter 20 hoch, wenn er auch gemütlich unter diesem Tor hindurchlaufen könnte? Das, was da geleistet wird, erfüllt ja zuerst einmal gar keinen Sinn und Zweck.“ Hubert Kolland sieht in diesem Punkt eine vermeintliche Parallele zur Kultur, zumindest zur Musik: „Auch da geht es um Virtuosität.“

Im Vergleich zum Sport sieht Lena Schöneborn auch im kulturellen Schaffen durchaus einen Wettbewerbsgedanken und einen Alleinstellungswunsch im Vordergrund. „Wenn man anfängt, Klavier zu spielen“, sagt die Olympiasiegerin von 2008, „dann will man sich doch auch weiterentwickeln und vielleicht sogar besser werden als andere.“ Birgit Lengers stimmt zu. „Wenn man als Heranwachsender im Theater eine Nina Hoss auf der Bühne sieht, kann ich schon verstehen, dass man so werden will wie sie. Oder das können will, was sie kann.“

„Aber, aber“, sagt Digel, „da muss man zum Sport aber doch noch unterscheiden.“ Im Theater könne dieser Eindruck des das-kann-ich-auch noch sehr leicht entstehen. In der Leichtathletik zum Beispiel seien die Bestmarken für den Sportwissenschaftler mittlerweile jedoch aufgestellt von „Spezialmenschen, mit denen sich kein normaler Mensch mehr vergleichen kann“. Deswegen sei eine künstliche Inszenierung sportlicher Fabelleistungen immer unverzichtbarer, das sehe man ja beispielhaft an Usain Bolt. Der 100-Meter-Läufer macht seine weniger als zehn Sekunden dauernden Läufe erst mit seiner extravaganten Jubelshow zu einem unvergesslichen Erlebnis für die Zuschauer. Ganz anders als das ein Klavierkonzert oder eine Theateraufführung vermögen, doch ebenso einzigartig und emotional für jeden Anwesenden.

Für Lena Schöneborn ist dies – zur Überraschung aller am Freitagabend im Lichthof – genau der Moment und eben jener Genuss, den sie bei ihren eigenen Wettkämpfen oftmals versäumt. „Meine eigenen sportlichen Leistungen einmal genießen zu können – das würde ich mir zum Beispiel von den Theaterleuten gerne abschauen können“, sagt Schöneborn.

Das würde Nina Hoss womöglich genau andersherum sehen. Und darin liegt wohl auch das große Rätsel in dem besonderen Moment im Sport und in der Kultur begraben. Magie empfindet jeder Mensch anders. Benjamin Apitius

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