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Wir können’s noch! Jerome Boateng, Bastian Schweinsteiger und Mario Gomez beim Genießen nach der Gala gegen Basel. Foto: dpa

© dapd

Sport: Die Entdeckung des Einfachen

Nach dem 7:0 über den FC Basel wundern sich die Bayern ein wenig über ihre neue – oder wieder entdeckte – Brillanz.

Mario Gomez kam so ziemlich als Letzter aus der Kabine, beschwingten Schrittes und mit einer Trophäe in der Hand, einer Trophäe zum Spielen. Er ließ sie ein-, zweimal auf den Noppenboden prallen und klemmte sie sich dann unter den Arm. Er selbst wäre gar nicht auf die Idee gekommen, berichtete der Vierfachtorschütze dieses Abends, aber ein Fernsehreporter habe ihm einen der Spielbälle dieses Fußballabends als Erinnerungsstück vermacht. In Gomez’ Stimme lag durchaus Dankbarkeit ob dieser netten Geste, aber er wollte diese schon pralle Kunststoffkugel nicht noch mehr mit Bedeutung aufpumpen. „Der Ball zeigt nur, dass wir eine Runde weiter sind, mehr nicht“, sagte Gomez, „wir haben noch nichts erreicht.“

Es war ein rauschhafter Abend, dieses 7:0 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Basel, zu dem neben Gomez noch zweimal Arjen Robben und einmal Thomas Müller Zählbares beitrugen. „Da war schon ein leichtes Kribbeln auf dem Zwerchfell. Es ist ein gutes Gefühl, das ich jedem nur empfehlen kann”, berichtete etwa Müller über seinen exaltierten Torjubel. Aber als der Schiedsrichter die Partie abpfiff, kamen die Bayern schnell wieder zur Besinnung. Obwohl das Publikum für Münchner Verhältnisse fast schon tobte, ging nur ein Teil der Bayernmannschaft kurz Richtung Kurve, winkte pflichtschuldig und trollte sich bald gen Katakomben. Der Kontrast war umso größer, weil die geprügelten Basler geschlossen zu ihren Fans gingen und diesen aus tiefem Herzen für die bis zum bitteren Ende ungebrochene Unterstützung dankten. So ist das eben in München.

Aber vielleicht hing die Zurückhaltung der Münchner auch damit zusammen, dass sie nicht so recht wissen, was sie nun anfangen sollen mit den 14 Toren in zwei Spielen. Natürlich hat der neuerliche Kantersieg drei Tage nach dem 7:1 in der Bundesliga über Hoffenheim gut getan, aber so ganz sind die Profis dem Sumpf des Selbstzweifels noch nicht entstiegen. Thomas Müller etwa ließ sich nach dem Abpfiff ein wenig in die Seele schauen: „Auch wenn ich immer so tue, als ob ich ein cooler Hund bin, nehme ich mir das schon zu Herzen, wenn es nicht ganz so gut läuft.” Und natürlich wurde jedem Bayernspieler die Routinefrage gestellt, welchen Gegner er sich für die nächste Champions-League-Runde wünsche. Interessanterweise versah jeder der Gefragten die Standardantwort „Wir nehmen es, wie es kommt“ mit dem Zusatz: Barcelona und Real lieber noch nicht. So weit fühlen sich die Bayern noch nicht.

Durchaus mit Bedacht betonte Kapitän Philipp Lahm, dass es am Anfang „harte Arbeit“ gewesen sei, „Basel zu zeigen, dass nichts zu holen ist“. Erst später sei der Spaß in den Vordergrund getreten: „Man hat gesehen, dass wir schwer zu schlagen sind, wenn wir vorn liegen, und dass wir dann eine Mannschaft auseinandernehmen können.“ Aber was, wenn sie mal wieder nicht gleich am Anfang vorne liegen? Das hat man in diesem Jahr stets auswärts gesehen, zuletzt in Freiburg (0:0), in Basel (0:1) und in Leverkusen (0:2). Am Samstagabend müssen die Bayern sich nach den zwei Wohlfühlspielen zu Hause wieder auf fremder Bühne beweisen, bei Hertha BSC. „Dort müssen wir anknüpfen an die letzten zwei Spiele“, fordert Gomez. Und nicht nur dort. Am Mittwoch nach dem Gastspiel in Berlin geht es weiter mit der Knüpferei, im Pokal-Halbfinale bei Borussia Mönchengladbach. Und in der letzten März- und der ersten Aprilwoche wird schon das Champions-League-Viertelfinale gespielt, direkt gefolgt von einer englischen Bundesliga-Woche mit dem Spiel in Dortmund. Danach wird man vielleicht schon absehen können, ob von der Saison 2011/2012 ein richtig prachtvoller Teppich übrigbleibt oder ein eher zusammengeflicktes Exemplar – oder nur ein Haufen Fetzen für die Mülltonne.

Auch Präsident Uli Hoeneß scheint sich da noch nicht so ganz sicher zu sein. Einerseits war er hoch erfreut und wollte sich den Abend nicht madig reden lassen. Aber er verriet dann doch, wie sehr ihn die eigene Mannschaft dieses Jahr schon aufgeregt hat: „Möglicherweise muss sie erst mit dem Rücken zur Wand stehen, um zu solchen Leistungen fähig zu sein. Durch die Kritik von außen haben sich die Spieler überlegt, ob es so weitergehen soll. Jetzt sind sie endlich mal wieder gelaufen.“ Es schimmerte auch Unverständnis durch diese Worte: Dass diese Spieler, denen man es eigentlich so einfach macht, alles immer so verkomplizieren müssen.

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