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Sport: Die Festung an der Anfield Road

Leverkusen trifft heute auf den FC Liverpool

Es wird bestimmt ein aufregender Moment werden für Jan-Ingwer Callsen-Bracker. Er ist 20 Jahre alt, er hat erst ein paar Spiele in der Fußball-Bundesliga bestritten, aber heute Abend wird er es sehen, das berühmte Schild, auf dem die drei zum Mythos verklärten Worte stehen: „This is Anfield.“ Es hängt im Kabinengang im Stadion an der geschichtsträchtigen Anfield Road in Liverpool. Es hängt dort, wo der FC Liverpool seine Heimspiele austrägt. Heute Abend wird der FC Liverpool dort in der Champions League gegen Bayer Leverkusen spielen (20 Uhr 45/live in Premiere), und der Leverkusener Profi Callsen-Bracker ist aller Wahrscheinlichkeit nach von Anfang an dabei. Seinen Auftritt in dem berühmten Stadion verdankt der 20-Jährige einem fast tragischen Umstand: Jens Nowotny, der erfahrene Abwehrspieler von Bayer, hat am Samstag im Spiel gegen Nürnberg seinen vierten Kreuzbandriss erlitten, er fällt damit wieder monatelang aus, muss schlimmstenfalls sogar seine Karriere beenden. Auch Roque Junior ist verletzt, deshalb muss Trainer Klaus Augenthaler auf Callsen-Bracker zurückgreifen.

Bei Bayer reagierte man tief betroffen auf die Nachricht von Nowotnys Kreuzbandriss. „Es ist sehr schlimm, dass Jens ausfällt“, sagte Augenthaler. „Es ist ein Schock. Jens ist ein Denkmal in Leverkusen“, sagte Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. „Aber ich bin fest davon überzeugt, dass er wiederkommt.“ Und Interimskapitän Carsten Ramelow sagte: „Das ist sehr bitter für die Mannschaft.“ Nowotny selber will den Kampf für eine Rückkehr nicht aufgeben. „Ich spiele noch mit 42“, sagte er dem „Kicker“. Jetzt ist er 31 Jahre alt.

Keine Frage, Leverkusen ist durch seinen Ausfall sehr geschwächt, generell natürlich, aber besonders gegen Liverpool. Denn Augenthaler sagt: „Ich denke, dass die Engländer uns sehr unter Druck setzen werden.“ Allerdings müssen die Gastgeber auf Morientes und Mittelfeldspieler Gerrard verzichten.

Wenn der Bayer-Trainer über die Leidenschaft der Fans und der Spieler des FC Liverpool spricht, dann aus eigener Erfahrung. 1981 verlor er mit Bayern München im Halbfinale des Landesmeister-Wettbewerbs beim englischen Rekordmeister – und schied aus. Die Liverpooler Fans singen seit vielen Jahren die berühmte Hymne „You’ll never walk alone“. Seit dem 19. Oktober 1977 hat keine deutsche Mannschaft mehr ein Tor erzielt an der Anfield Road. Damals traf Reinhard Häfner für sein Team Dynamo Dresden im Europokal der Landesmeister. Dresden verlor allerdings 1:5.

Doch die Leverkusener Spieler verbreiten Optimismus. „Ich will zu Null spielen“, sagt zum Beispiel Torhüter Butt. Sein Trainer fordert „Mut, Entschlossenheit und Laufbereitschaft“ ein, und er will gar das Gesetz der Serie brechen: „Für einen Treffer sind wir immer gut.“ Ein Satz, den Jan-Ingwer Callsen-Bracker freilich ergänzt: „Liverpool auch.“

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