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Sport: Die Formel des Erfolgs

Horst Köppel hat Gladbach wieder nach vorn geführt

Berlin - Der Erfolg von Borussia Mönchengladbach hat am Wochenende ein erstes Opfer gefordert. Nach einem fachgerechten Schulterwurf des Gladbacher Torhüters Kasey Keller landete Jünter, das Maskottchen des Vereins, auf dem nassen Rasen im Borussia-Park. Der hinterhältige Angriff nach dem 4:1 der Borussen gegen Kaiserslautern blieb jedoch ohne gesundheitliche Folgen, zum Glück ist das Fohlenkostüm gut gepolstert. Kellers Attacke auf den eigenen Mann war der einzige unkontrollierte Ausbruch der Borussen, ansonsten sind die Spieler und der Verein auch in Zeiten ihres ungeahnten Aufschwungs um Zurückhaltung bemüht.

Die Fans tragen zwar schon Meisterschalen aus Pappe ins Stadion, doch das ist nach Jahren des ewigen Abstiegskampfes eher als Zeichen von Selbstironie zu deuten. So richtig wissen sie in Mönchengladbach nämlich nicht einzuschätzen, was zurzeit um sie herum geschieht. In der Tabelle der Fußball-Bundesliga liegen die Borussen als Fünfter noch vor Hertha BSC, ihrem Gegner im DFB-Pokal. „Das ist schon überraschend“, sagt Trainer Horst Köppel. „Eigentlich gehören wir da oben nicht hin.“

Angefangen hat alles vor vier Wochen im Heimspiel gegen Werder Bremen. In der ersten Halbzeit wurden die Gladbacher von den Bremern lächerlich gemacht, es grenzte an ein Wunder, dass sie nur 0:1 zurücklagen. „Von so einer Mannschaft möchte ich kein Trainer sein“, sagte Köppel in der Pause zu seinen Spielern. Bei einer Niederlage wäre er es wohl auch nicht mehr lange gewesen. Doch die Mannschaft drehte das Spiel, gewann 2:1 und hat seitdem fünfmal nicht verloren.

Der Aufschwung trägt sich inzwischen selbst. „Im Augenblick können wir gar nicht genug kriegen vom Fußball“, sagt Mittelfeldspieler Per Kluge, der gegen Bremen zur Pause eingewechselt wurde und seitdem drei Tore erzielt hat. Nach den personellen Irrungen bei den Gladbachern hat Köppel nach einigen Versuchen eine feste Stammelf gefunden. „Ein bisschen Glück, eine eingespielte Mannschaft – das reicht schon“, sagt der Gladbacher Trainer. Vermutlich ist der scheinbar wahllos zusammengekaufte Kader aber auch gar nicht so schlecht, wie er gelegentlich gemacht wurde. Gerade das Mittelfeld mit Kluge, Thomas Broich und vor allem dem Neuzugang Hassan El Fakiri hat einen gewissen Anteil am Erfolg.

Trotzdem genießt der 57 Jahre alte Köppel den Aufschwung mit Vorsicht – weil er weiß, wie schnell „die große Meckerei“ wieder einsetzen kann. Im Frühjahr wurde er in Mönchengladbach als Retter gefeiert, im Herbst galt er schon fast wieder als entlassen. Nach 14 Jahren Abstinenz aus der Bundesliga wurde seine taktische Modernität zumindest unterschwellig angezweifelt. „Ich war in der Zeit ja nicht im Altersheim“, sagt Köppel dazu.

Dass er in den Medien als lieber, netter Opa geführt wird, behagt ihm immer weniger. Manchmal machte Köppel sogar den Eindruck, als wolle er der Öffentlichkeit bewusst das Gegenteil beweisen. Per Kluge sagt: „Es ist ein Irrglaube, dass Horst Köppel nicht auf den Tisch hauen kann.“ Unbestritten ist aber, dass er die Mannschaft sehr viel menschlicher führt, als es sein Vorgänger Dick Advocaat getan hat – und dass dies der Mannschaft offensichtlich gut tut. „Wir haben uns vor der Saison dafür ausgesprochen, dass Köppel unser Trainer bleibt“, sagt Kluge. „Jetzt müssen wir auch etwas dafür tun.“

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