zum Hauptinhalt
Grüße nach oben. Sambias Stürmer Emmanuel Mayuka feiert still und stilsicher in Gedenken an die vor 19 Jahren verunglückten Landsleute. Foto: dapd

© dapd

Sport: Die Geister weinen

Während die Elfenbeinküste beim Afrika-Cup die Krönung verpasst, feiert Sambia den Titel und die Toten.

Didier Drogba war dem Zusammenbruch nahe. Mit schweren Schritten und leerem Blick erklomm der Kapitän der ivorischen Nationalmannschaft am späten Sonntagabend die kleine Tribüne im Stadion der Freundschaft von Libreville und holte sich bei Fifa-Präsident Joseph Blatter seine Silbermedaille ab. Zweiter Platz beim Afrika-Cup 2012 – für Drogba und seine Mitspieler von der Goldenen Generation der Elfenbeinküste eine große Enttäuschung.

Dabei waren sie sich so sicher. Waren mit so viel Konzentration, Akribie und beispielhafter Planung in die Vorbereitung für den Afrika-Cup gegangen und hatten den Gegnern in den ersten Turnierspielen kalt die Grenzen aufgezeigt. Fünf Siege in fünf Spielen, insgesamt 9:0 Tore – das Finale gegen Außenseiter Sambia sollte nur noch Formsache werden. Sollte für Drogba, Kolo und Yaya Touré, Gervinho Salomon Kalou sowie all die anderen Stars einen 90-minütigen Triumphlauf bereithalten. Es kam anders. Die Stars, die fast alle ihr Geld bei Großklubs in der englischen Premier League verdienen, wurden von den namenlosen Sambiern klassisch zu Fall gebracht.

7:7 hieß es, nachdem 14 Spieler nacheinander im Elfmeterschießen getroffen hatten und dann drei Akteure verschossen. Sambias erster Titel als Afrikameister stand fest, als Stoppila Sunzu vom kongolesischen Klub TP Mazembe den entscheidenden Elfmeter zum 8:7 in die Maschen hämmerte. Der Rest waren Tränen bei den Ivorern und demütige Freude bei den Siegern, die sich dankbar im Mittelkreis niederknieten, um sambische Dankeslieder in Richtung Himmel zu schicken. Darunter mischten sich auch die Triumphlieder ihrer toten Idole.

Auch Sambia hatte einst eine Goldene Generation, doch vor 19 Jahren stürzte diese Mannschaft wenige Kilometer vom Finalort Libreville mit einem Flugzeug ab. Als Sambias Trainer Hervé Renard nach dem Sieg Verbandspräsident Kalusha Bwalya um den Hals fielt, weinte Bwalya. Die sambische Fußball-Legende war 1993 nur durch einen Zufall nicht in der verunglückten Maschine gewesen.

„Ich will ihm diesen Titel widmen. Kalusha weiß besser als jeder andere, was dieser Titel bedeutet“, sagte Renard. Auch für den 43-jährigen Franzosen, der nach seiner wenig erfolgreichen Fußballerkarriere einst als Putzmann gearbeitet hatte, und seine Spieler war es ein außergewöhnlicher Triumph. Wie etwa für Kapitän Chris Katongo. Der 29-Jährige konnte sich einst bei Arminia Bielefeld nicht durchsetzen und spielt mittlerweile in China. Doch am Sonntagabend waren es nicht die Stars von der Elfenbeinküste, sondern Katongo, der den Pokal in die Luft reckte, während seine Teamkollegen ein Spruchband hochhielten, das ihnen die Fans geschenkt hatten: „In Gedenken an 1993 – ihr spielt zu Hause.“

Schon während der 90 regulären Minuten und auch in der Verlängerung hatten die Sambier den Favoriten mit ihrem mutigen Offensivspiel mehrfach an den Rand des K. o. gebracht. „Einen solchen Verlauf im Finale haben wir nicht erwartet“, stammelte Francois Zahoui, der Coach der Elfenbeinküste. Kein Wort heraus brachte Didier Drogba. Er, der den Sieg so sehr gebraucht hätte, um einer beispiellosen Karriere mit einem Nationalmannschafts-Titel die Krone aufzusetzen.

Dabei war es Drogba höchstselbst, der die Sache in der regulären Spielzeit hätte entscheiden können. Trotz aller Finesse und Überlegenheit der Sambier kam in der 70. Minute die große Chance – als Gervinho im Strafraum gefoult worden war. Drogba trat zum Strafstoß an – drosch den Ball aber weit übers Tor in den Nachthimmel von Libreville. Der 33-Jährige grinste unsicher, wankte, dem Zusammenbruch augenscheinlich nicht fern. Der stolze Anführer der Ivorer spielte zwar weiter, bewegte sich aber wie ein Geist über den vom Dauerregen aufgeweichten Rasen von Libreville.

Tatsächlich trat Drogba dann auch im Elfmeterschießen noch einmal an, verwandelte diesmal, doch es war schon lange nichts mehr zu retten. Kolo Touré und Gervinho verschossen. Der Weg war frei für Sambia.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false