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Sport: Die kalkulierte Krise

Warum Herthas sportliche Misere noch so geringe Auswirkungen auf die Finanzen hat

Berlin. Dieter Hoeneß hat mal gesagt, es gebe bei Hertha BSC „nur zwei Leitende Angestellte“. Der eine ist der Manager selbst, und der andere, „das ist der Herr Schiller“.

Von diesem Herrn Schiller ist in der Öffentlichkeit wenig zu hören, und wenn doch, dann sagt er Sätze wie: „Wir freuen uns, mit Ludwigsfelde eine weitere Partnerstadt gefunden zu haben.“ Das hat Ingo Schiller gestern gesagt, und er saß mit seinem wuchtigen Körper erstmals auf jenem Stuhl, auf dem sonst Hoeneß sitzt. Geschäftsführer Schiller hörte erst einmal zu. „Jedes Spiel ist wichtig“, sagte Trainer Huub Stevens, und somit auch das Heimspiel am Samstag gegen Mönchengladbach. Und dass „Herr Hoeneß einen Termin hat“, wie Herthas Pressesprecher Hans-Georg Felder mitteilte, wusste Schiller auch. Als eigentlich alles vorbei, viel geredet und nichts gesagt war, meldete sich Schiller doch ein letztes Mal zu Wort. „Ich kann versichern, dass es einen Geheimplan nicht gibt.“

Den „Geheimplan“ hatte gestern die „Bild“-Zeitung veröffentlicht. Die berichtete am Tag nach der turnusgemäßen Sitzung von Aufsichtsrat und Beteiligungsausschuss, dass die sportliche Krise nun erste finanzielle Konsequenzen habe – für die Spieler. Intern werde darüber nachgedacht, ein Monatsgehalt einzufrieren, das später im Falle des Erfolges wieder ausgezahlt werden solle. In diesem Fall wäre das der Klassenerhalt.

Intern reagierte man auf diese Fakten irritiert. Das sei nicht Thema der Sitzung gewesen. Es ging viel mehr um die Vorbereitung auf die in knapp drei Wochen anstehende Mitgliederversammlung. Auf Anraten vom Aufsichtsratsvorsitzenden Rupert Scholz sei über den Trainer gesprochen worden, „aber nur um klarzustellen, dass es von Seiten des Vereins keinerlei Diskussionen um Stevens mehr gibt“, sagte Manager Hoeneß dem Sportinformationsdienst. Woraufhin Präsident Bernd Schiphorst bestätigte: „Es bleibt bei der Vereinbarung“.

Im Übrigen würden sich die Spieler doch selbst bestrafen, sagte ein anderer. Schon seit langem schließt Hertha mit den Spielern nur noch leistungsbezogene Verträge. „Sechzig-Vierzig“, sagt Dieter Hoeneß und meint: 60 Prozent der Bezüge sind Grundgehalt, der Rest muss Woche für Woche durch Prämien erarbeitet werden. So soll Nationalspieler Marko Rehmer nur noch die Hälfte seines früher zwei Millionen Euro hohen Grundgehalts verdienen, dafür gibt es für jeden Sieg eine Prämie von 40000 Euro. Das war in dieser Bundesliga-Saison erst einmal der Fall.

Wegen der in den vergangenen Jahren rückläufigen Zuschauerzahlen hatte Hertha vor dieser Saison nur noch mit 38000 Zuschauern statt der in den Vorjahren angesetzten 42000 kalkuliert – und liegt jetzt trotz der Krise nur knapp darunter. Attraktive Gegner wie Schalke, Dortmund und die Bayern kommen erst noch. Und anders als etwa der Hamburger SV, der drei Runden im Uefa-Cup einplante und nach der ersten ausschied, hat Hertha nicht mit Einnahmen aus dem internationalen Geschäft kalkuliert. All das hat dazu geführt, dass sich die Situation trotz 16 Millionen Euro langfristiger Verbindlichkeiten nicht dramatisch verschlimmert hat.

Dass auch die Krise in der Bundesliga weniger Auswirkungen auf den Etat hat, als befürchtet, lässt sich so erklären: Die Mannschaft wollte den dritten Tabellenplatz erreichen. Die Geschäftsführung rechnet anders: Da ein Teil der Fernsehgelder vom wöchentlichen Tabellenplatz abhängt, ging Hertha im Etat lieber vom sechsten Platz aus. Somit fehlen dem Klub bislang nur 400000 Euro. Das ist ein geringer Betrag. Aber er wird größer. Von Woche zu Woche.

André Görke

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