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Sport: Die Karaoke-Therapie

Wie Ralf Schumacher seine Verletzung auskuriert

Monza. Ralf Schumacher spielte einen Flachpass, er schlug Flanken, er ging in die Zweikämpfe, eigentlich war er wie jeder normale Fußballer. Formel-1-Reporter spielten gegeneinander, ein nette Einlage vor dem Großen Preis von Italien in Monza, und Formel-1-Pilot Schumacher mischte auch mit. Michael Schumacher, der Weltmeister und Ferrari-Pilot, war auch vor Ort, und ihm fiel nichts auf an seinem Bruder: „Er spielte ganz normal, es waren keine Probleme zu bemerken.“ Zwei Tage später waren sie zu bemerken. Ralf Schumacher reiste wegen Übelkeit ab, Nachwirkungen seines spektakulären Unfalls beim Testen in Monza. „Da sieht man, wie hart Formel 1 ist“, sagt Michael Schumacher, der Weltmeister. „Es ist halt was anderes, in einem Formel-1-Wagen zu fahren als Fußball zu spielen.“

Genau. Deshalb fällt ja vor dem Hintergrund des Falles Ralf Schumacher auf, dass in der Formel 1 verletzte und angeschlagene Hauptdarsteller offenbar mehr Freiheiten genießen als hoch dotierte Fußballprofis. In der Bundesliga ist es kaum denkbar, dass sich ein millionenschwerer Spieler direkt nach einer Verletzung ohne Kontrolle durch den Verein wieder fit macht.

Ralf Schumacher wurde mit einer erheblichen Gehirnerschütterung ins bestens ausgestattete San-Raffaele-Krankenhaus nach Mailand gebracht. Nach 18 Stunden und diversen Tests verließ er es wieder, auf eigene Verantwortung und gegen den Wunsch der Ärzte. „Wir hätten ihn gern länger zur Beobachtung dagehabt“, erklärte ein Arzt in einem Zeitungsinterview. „Alle Tests bei Ralf ergaben keine Auffälligkeiten. Bei diesem Krankenhaus gilt die Regel, dass einer zur Beobachtung 24 Stunden da sein muss, Ralf ging halt schon nach 18 Stunden, das war alles“, sagt Schumachers Sprecher Thomas Hoffmann.

Der BMW-Williams-Pilot jettete nach Salzburg zu seinem Wohnort, ließ sich dort weiter behandeln und durfte dort sogar mit Erlaubnis der Ärzte Sport treiben, sagt Hoffmann. Bei BMW-Williams verließen sie sich auf Schumachers Verantwortungsbewusstsein. „Wir haben keinen Teamarzt, der ihn gesondert untersucht. Ralf ist erfahren genug, der weiß, wie er sich richtig vorbereitet“, sagt BMW-Sprecher Jörg Kottmeier. Der offizielle Formel-1-Rennarzt Sit Watkins jedenfalls greift erst bei einem Rennen ein, untersucht die Piloten, bevor sie erstmals ins Auto steigen. Bei Ralf Schumacher stellte er keine Unregelmäßigkeiten fest.

Das Problem beim Fall Schumacher beginnt in der Außendarstellung. Ein paar Tage nach seinem Unfall tauchte der Formel-1-Pilot auf Sylt in einer Karaoke-Bar auf und feierte seinen Hochzeitstag. Von unprofessioneller Vorbereitung war danach die Rede. „Wir hätten ihm keine Erlaubnis für solche Ausflüge gegeben“, sagt Mercedes-Sprecher Wolfgang Schattling.

Der Physiotherapeut eines anderen Formel-1-Fahrers sagt: „Wenn ich in der Heilungsphase in einer Karaoke-Bar auftauche, würde ich rausfliegen.“ Bei BMW-Williams dagegen sieht man die Sache weniger dramatisch. „Es gab keinen Ärger wegen des Barbesuchs“, sagt BMW-Sprecher Jörg Kottmeier.

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