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Sport: Die Liga als Trost

Spanien ist entsetzt über das Aus der Nationalelf

Eigentlich hatte man es ja erwartet. Aber dass es gleich so schlimm kommen würde, und die Mannschaft schon jetzt die Koffer packen muss, damit hatten die fußballbegeisterten Spanier nun doch nicht gerechnet. „In letzter Zeit haben wir es wenigstens ins Viertelfinale geschafft“, klagt die spanische Tageszeitung „El Mundo“. Und „El País“ kürt den 20. Juni zu „einem neuen Schlüsseldatum der traumatischen Geschichte unserer Nationalelf“.

Aus. Vorbei. Spanien ist draußen. Wieder einmal hat die Nationalelf bei einem internationalen Wettbewerb versagt. Mit einer Mischung aus Fatalismus und Humor versucht das Land, die Katastrophe zu verdauen. Bereits am Sonntagabend kursierte per SMS ein aus der Verzweiflung geborener Witz: „Zapatero hat die Rückkehr der Mannschaft vor dem 30. Juni angeordnet“ – eine Anspielung auf den Rückzug der Truppen aus dem Irak.

Zeitungen und Kommentatoren üben sich am „Tag danach“ in einer fast schon zur Routine gewordenen Fehlerkritik. Trainer Iñaki Saez habe den „schlechtesten Raúl aller Zeiten“ zu lange auf dem Feld und Fernando Morientes zu lange auf der Bank gelassen. Das fehlende Charisma und die Mittelmäßigkeit des Trainers hätten sich wie ein Virus auf die Mannschaft übertragen. Die Verlängerung seines Vertrages sei eine „Schande“, empört sich die Zeitung „Sport“.

Soweit die Analyse. Doch was hat es mit diesem Mysterium auf sich, das laut Verteidiger Juanito auch dieses Mal „wie ein Fluch über der Mannschaft schwebte“ und Spanien seit dem 2:1-Finalsieg 1964 gegen die Sowjetunion keine Europameisterschaft mehr hat gewinnen lassen? Warum tut sich Spanien trotz seiner exzellenten Liga so schwer in internationalen Wettbewerben? Die Antwort der spanischen Fußballexperten fällt nüchtern und fatalistisch aus: Eine regelmäßig hoffnungslos überschätzte Nationalelf, zu wenig eigener Nachwuchs, konservative Trainer und vor allem eben jene Tradition des Verlierens, aus der kein Ausbruch möglich scheint.

Doch an einem kann es diesmal nicht gelegen haben: an der mangelnden Unterstützung der Fans. 17 000 spanische Anhänger, so viele wie nie zuvor, waren mit ihrer Elf nach Portugal gereist. Die Zuschauer schrien ihre Mannschaft nach vorn. Die Begeisterung für die EM in Spanien, die die Straßen am Sonntagabend leer fegte, wird schnell verschwinden. Als schwacher Trost bleibt den geschlagenen Spaniern nur das Warten auf den Beginn der Primera División, der nationalen Liga. Und somit auf die Rückkehr Figos, Beckhams und der vielen anderen ausländischen Fußballhelden in ihre Wahlheimat Spanien.

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