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Urbi et Jogi. Für Papst Franziskus hat sich der Bundestrainer (2.v.r.) bei der Audienz im Apostolischen Palast sogar einen Schlips umgebunden.

© dpa

Die Nationalmannschaft in Italien: Beeindruckt vom Papst, überzeugt von sich selbst

Der Papstbesuch hat die Nationalelf beseelt. Jetzt geht sie mit betonter Ernsthaftigkeit gegen Italien ins letzte Länderspiel des Jahres.

Wenn junge Menschen, die hauptberuflich Fußball spielen und damit eine Menge Geld verdienen, in intimem Rahmen mit dem Papst zusammentreffen, dann ist das etwas, das selbst abgebrühte Profis nicht kalt lässt. So ist es auch den deutschen Nationalspielern ergangen, die am Montagmorgen von Franziskus zu einer zwanzigminütigen Privataudienz im Vatikan empfangen wurden. Aber offensichtlich beruhte die Freude auf Gegenseitigkeit. Auch den Papst hat der Besuch des Weltmeisters nicht kalt gelassen. „Die Begegnung mit Fußballern hat sein Herz geöffnet“, berichtete Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, der die Delegation angeführt hatte.

"Eine unwirkliche Begegnung"

Solche Feinheiten waren den Nationalspielern vermutlich entgangen, weil sie selbst viel zu sehr unter dem Eindruck der päpstlichen Gnade standen. Die Mitglieder der deutschen Delegation sprachen hinterher fast wortgleich über das außergewöhnliche Ereignis: „Natürlich beeindruckend“ (Manager Oliver Bierhoff), „sehr bewegend und beeindruckend“ (Bundestrainer Joachim Löw) oder „wenig überraschend sehr beeindruckend“ (Mats Hummels). Es sei „schon eine unwirkliche Begegnung“ gewesen, berichtete der Innenverteidiger Hummels, eine Begegnung mit einem Mann, den man sonst nur aus dem Fernsehen kennt.

Vielleicht ist es nach einem solchen Erlebnis ganz gut, dass die letzte Pflichtaufgabe der Nationalspieler im EM-Jahr 2016 im Vergleich dazu nicht ganz so steil abfällt. An diesem Dienstagabend (20.45 Uhr/live in der ARD) trifft der Weltmeister im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion auf Italien. Das Duell zählt zu den sogenannten Klassikern des Weltfußballs, auch wenn es gerade fast ein wenig inflationär stattfindet. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr treffen beide Mannschaften aufeinander, und sollten die Deutschen in Mailand gewinnen, hätten sie mit dem dritten Sieg hintereinander gegen Italien eine historische Bestmarke aufgestellt.

Nach den beiden jüngsten Erfolgen – einem 4:1 im März in München und dem Sieg im EM-Viertelfinale durch das epische Elfmeterschießen in Bordeaux – wird inzwischen sogar der Status der Italiener als TÜV-geprüfter Angstgegner der deutschen Nationalmannschaft in Frage gestellt. Mats Hummels wollte dieser Einschätzung nicht widersprechen. Für ihn persönlich habe es den Angstgegner Italien ohnehin nie gegeben, aber: „Es gibt halt den sehr schweren Gegner Italien“, sagte der Verteidiger der Bayern. Von fünf Duellen mit der Squadra Azzurra hat Hummels nur eins verloren, einfach aber war es eigentlich nie. Auch deshalb seien die Begegnungen mit den Italienern „immer was Besonderes“, sagte er. „Es ist ein bisschen Prickeln dabei.“

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Das Spiel der Deutschen prickelt im Moment ohnehin ein bisschen stärker, als es in jüngerer Vergangenheit der Fall war. Die Mannschaft macht, auch dank vieler neuer und junger Spieler, einen deutlich frischeren Eindruck. Nachdem Benjamin Henrichs, 19 Jahre alt, und Serge Gnabry, 21, am Freitag beim 8:0 in San Marino ihr erstes Länderspiel bestritten hatten, wird man heute in Mailand dem Debütanten Nr. 86 der Ära Löw begutachten dürfen. Yannick Gerhardt vom VfL Wolfsburg wird sich als Linksverteidiger versuchen dürfen, sehr wahrscheinlich sogar von Anfang an.

Europameister-Titel "wäre möglich gewesen"

Nicht nur wegen der vielen Neuen blickte Nationalmannschaftsmanager Bierhoff schon vor dem letzten Spiel auf „ein positives Jahr“ zurück – „auch wenn wir nicht Europameister geworden sind, was möglich gewesen wäre“. Das vorzeitige Aus im Halbfinale gilt nicht ganz zu Unrecht als selbstverschuldet, weil die Deutschen nach ihrem WM-Triumph 2014 auf dem Weg nach Frankreich zu selten die letzte Entschlossenheit auf den Platz brachten. Das aktuelle Auftreten der Mannschaft darf man durchaus als Konsequenz aus dieser Erkenntnis deuten. Seit der Halbfinalniederlage gegen die Franzosen haben die Deutschen alle fünf Spiele gewonnen, mit einer Bilanz von 18:0 Toren. „Der Start nach der Europameisterschaft bereitet mir unheimliche Freude“, sagt Bierhoff. „Man merkt, wie eine neue Mannschaft entsteht.“

Die neue Ernsthaftigkeit ist nicht von oben verordnet, sie ist aus der Mannschaft selbst entstanden. „Wir haben uns das klare Ziel gesetzt, wieder einen drauf zu setzen“, berichtete Mats Hummels. Auch im Training sei ein neuer Zug drin, ein guter Geist herrsche im Team, eine gute Stimmung, kurz: eine gute Arbeitsatmosphäre. Auch deshalb muss niemand den nationalen Notstand ausrufen, weil Bundestrainer Löw seine Spieler vor dem Prestigeduell gegen Italien zu einer zweitägigen Lustreise nach Rom eingeladen hat. Die Mannschaft weiß, was von ihr in Mailand erwartet wird.

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