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Sport: Die neue Sachlichkeit

Bayer Leverkusen ist Erster, aber noch längst nicht zufrieden

Leverkusen. Ilja Kaenzig, der junge Manager von Bayer Leverkusen, verrät keine Anzeichen von Überheblichkeit. Sicher, alle freuen sich über die verteidigte Tabellenführung nach dem 2:1-Sieg bei Eintracht Frankfurt. Doch im Hinterkopf steckt noch die Erinnerung an die Vorsaison. Damals spielte man zum Saisonauftakt zweimal 1:1, in Cottbus und gegen Dortmund, „aber danach ging das erst richtig nach unten los“, sagt der 30-Jährige. Um die derzeitige Situation in Leverkusen zu beschreiben, verwendet er daher die von seinem Chef Reiner Calmund bevorzugten Substantive. „Bleischuhe und Bleiweste anziehen, sagt der immer“, und Kaenzig lacht dabei.

„Es gibt noch viel zu kritisieren und aufzuarbeiten“, stellte Klaus Augenthaler nach dem glücklichen Sieg in Frankfurt fest. Alle vier Spiele unter seiner Regie hat Bayer gewonnen, aber der neue Trainer sieht kaum Grund für Lob. Schließlich hätte es seine Mannschaft nach der Führung nicht geschafft, monierte er, „den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Bei diesen Temperaturen muss ich den Gegner laufen lassen“. Überhaupt waren die Schwächen offensichtlich: Der hoch gelobte Robson Ponte tauchte völlig ab, die Stürmer Franca und Neuville legten eine unglaubliche Abschlussschwäche an den Tag, Placente wirkte lustlos und Weltmeister Lucio ließ sich vor der Frankfurter Führung durch Frommer wie ein Schüler überlaufen. „Mit einer solchen Leistung werden wir gegen ambitionierte Gegner nichts zustande bringen“, sagte Kaenzig.

Aber: Mit der Verpflichtung Augenthalers hat sich einiges geändert in Leverkusen, es herrscht eine neue Sachlichkeit. Der 45-Jährige strahlt eine Bierruhe aus, die sich offenbar überträgt auf den Klub und seine Angestellten. Selbst die Zitaten-Maschine Reiner Calmund und Sportdirektor Jürgen Kohler tauchten zuletzt ab. Schrille Schlagzeilen jedenfalls sind nicht mehr zu lesen. Auch jene Spieler, die in der vorigen Saison wortreich Unruhe verbreiteten, verhalten sich nun leise. Neulich monierte Hanno Balitsch zahm, dass er statt rechter Verteidiger lieber im defensiven Mittelfeld spiele. Augenthaler reagierte – auf seine Art. „Balitsch sollte froh sein, dass er in der Mannschaft spielen darf“, sagte er im Chat mit den Bayer-Fans. Und dass Regisseur Robson Ponte zuletzt von der Champions League sprach, hat Augenthaler „nur gespeichert“. Er will ihn bei „passender Gelegenheit darauf festnageln“.

Des Trainers Vertrag verlängert sich schon bei Platz acht automatisch. Allein Lucio spricht offen davon, Meister zu werden, aber den nimmt keiner richtig ernst. Und selbst Augenthaler muss zugeben, dass er „den besten Kader trainiert, den ich je hatte“.

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