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Sport: Die neue Zeit

Von Martín E. Hiller Es war ein großer Tag für Jacinto Weizenmann: Der brasilianische Priester mit deutschen Vorfahren war eigens aus dem Westen Deutschlands angereist, um seine drei kickenden Landsleute kennenzulernen.

Von Martín E. Hiller

Es war ein großer Tag für Jacinto Weizenmann: Der brasilianische Priester mit deutschen Vorfahren war eigens aus dem Westen Deutschlands angereist, um seine drei kickenden Landsleute kennenzulernen. Es gab Umarmungen, einen Segen und dann natürlich einige Fotos von Weizenmann zusammen mit den Herthanern Alex Alves und Marcelinho sowie dem möglichen Neuzugang Nené.

Auch Alves fühlte sich bei dem Zusammentreffen sichtlich wohl. Auch beim Posieren für das offizielle Mannschaftsfoto von Hertha BSC war der Stürmer zu Späßen aufgelegt und streckte so lange die Zunge heraus, bis die Fotografen ihn gutmütig ermahnten. Alex Alves gut gelaunt im Kreise seiner Mitspieler – das war nicht immer so. Der Stürmer führt diese Wandlung selbst klar darauf zurück, dass er nun gleich mehrere Brasilianer um sich hat. „Mit jedem Landsmann, der hier ist, geht es mir besser. Ich bin in meiner Sprache, in meiner Welt“, sagt Alves. Dabei spricht der Mann nicht allein Portugiesisch, sondern auch Spanisch und, ja, ein wenig Deutsch. Und das besser, als er zugeben mag. „Oh, geht nicht“, sagt er zu einem jugendlichen Autogrammsammler und gibt einen leeren Filzschreiber zurück. Und wieder lächelt er – ein Junge, der sich über die brasilianische Blockbildung freut.

Auf diese Blockbildung hat Hertha einige Jahre hingearbeitet, hat viel dazugelernt in Sachen Integration südamerikanischer Spieler. Nach Alves kam Marcelinho, der es als Zweiter schon viel leichter hatte als sein introvertierter Landsmann. Marcelinho ist ein Glücksfall für Hertha, ersetzte den verletzten Sebastian Deisler nicht nur als Spielmacher und Torschütze, sondern auch als Publikumsliebling. Er fühlt sich wohl in Berlin, kann sich gar vorstellen, seine Karriere hier zu beenden. Marcelinho ist es auch, der Nené in dessen Probezeit schon mal in die hiesige brasilianische Gemeinde einführt. Nené ist neu in Berlin. Der Linksfuß wird bei Hertha für die Defensive getestet. Er fährt selbständig zum Training und kennt bereits die wichtigsten deutschen Fußballbegriffe.

Nené hat seinen beiden Landsleuten eines voraus, nämlich den Besuch einer höheren Schule. „Der Bursche hat was im Kopf, und er kann sich ausdrücken. Es ist angenehm, mit ihm umzugehen“, sagt Spielerbetreuer Nilson Maldaner. Wenn es mit dem Engagement bei Hertha nichts wird, dann würde der Techniker wahrscheinlich nach Brasilien zurückkehren, um dort für Corinthians Sao Paolo oder Gremio Porto Alegre zu spielen.

Das erscheint momentan allerdings wenig wahrscheinlich. Es ist eher damit zu rechnen, dass neben Nené noch ein weiterer Südamerikaner verpflichtet wird. Hertha braucht noch einen Stürmer, und der wird wohl aus Brasilien kommen. Es könnte Luizao sein, mit dem weiterhin ernsthaft verhandelt wird, aber auch einer seiner Landsleute. Sollten die Transfers von Nené und Luizao zustande kommen, hätte Hertha neben Borussia Dortmund die meisten Brasilianer der Liga – neue Verhältnisse in Berlin. Von einer „nueva temporada“ spricht auch Alves, der die brasilianische Zeitrechnung eingeläutet hat.

Allerdings bezieht Alves den Begriff eher auf seinen persönlichen Werdegang. „Ich bin sicher, dass dieses Jahr vieles anders wird als früher. Ich bin nicht mehr verletzt, ich freue mich darauf, viel zu trainieren“, sagt der Mann, dem in Berlin stets seine Disziplinlosigkeit vorgeworfen worden war. Anders als in den vergangenen Jahren ist er diesmal pünktlich aus dem Urlaub zurückgekehrt, und genauso pünktlich erscheint er zu jeder Trainingseinheit.

So macht man Punkte beim Disziplinfanatiker Huub Stevens.

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