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Sport: Die Nummer eins im Osten

Energie Cottbus hat Hertha BSC in der Tabelle überholt und verwundert sogar den eigenen Trainer

Fassungslosigkeit von Trainern über den Auftritt ihrer Mannschaft im Abstiegskampf kennt man zur Genüge. Die Fußballlehrer lamentieren nach Niederlagen über individuelle Fehler und jammern über ausgelassene Chancen. Der Trainer von Energie Cottbus, Petrik Sander, konnte jedoch den Sieg seiner Mannschaft bei Eintracht Frankfurt kaum begreifen. „Es fällt mir schwer, etwas zu sagen. Ich bin noch ein bisschen von den Eindrücken hin- und her gerissen, weil es nicht selbstverständlich ist, was hier zurzeit abläuft“, sagte Sander nach dem 3:1 am Samstag.

Dabei ist Sander selbst für den schwer begreiflichen Ablauf verantwortlich. Er hat aus seinen Spielern eine kompakte Einheit geformt. Das Resultat sind drei Auswärtssiege hintereinander: 3:2 in Dortmund, 1:0 in Berlin, 3:1 in Frankfurt. Die Cottbuser haben sogar Hertha BSC überholt und sind auf dem achten Tabellenplatz jetzt die Nummer eins im Osten. Der Aufsteiger dürfte mit 35 Punkten vorerst dem Abstieg entrückt sein.

Damit hätte Sander noch vor einiger Zeit selbst nicht gerechnet. „Das war kein Bundesligaformat, sondern ein Hühnerhaufen, der da rumgewackelt ist“, hatte der Trainer über seine Mannschaft gespottet, nachdem sie am 10. Februar 1:4 beim FSV Mainz 05 verloren hatte. Das heillose Durcheinander machte Sander damals am Fehlen des am Knie verletzten Abwehrchefs Kevin McKenna fest. Der Kanadier fehlte allerdings auch in Frankfurt – ebenso wie sein Partner Igor Mitreski in der Innenverteidigung – wegen einer Gelb-Sperre. Und trotzdem hatte sich der Hühnerhaufen von Mainz bei Eintracht Frankfurt in ein Bollwerk verwandelt. „Wir können jede Position, die bei uns ausfällt, hundertprozentig ersetzen“, sagte Kapitän Steffen Baumgart. Die Plätze in der Abwehr seien durch Mariusz Kukielka und Mario Cvitanovic „vollwertig ausgefüllt“ worden. „Der, der reinkommt, egal auf welcher Position, bringt seine Leistung, selbst die eingewechselten Spieler sind hundert Prozent da. Dany (Gunkel) macht gleich das Tor“, sagte Baumgart.

Was so nicht stimmt, denn der Ball prallte nach einem Zusammenprall mit Torwart Oka Nikolov von der Brust des unglücklichen Christoph Preuß zum 2:1 ins Tor. Nikolov hatte mit den Stollen seinem Mitspieler Preuß den linken Oberschenkel aufgeschlitzt. Die 15 Zentimeter lange Risswunde wurde umgehend operiert, Preuß fällt womöglich für den Rest der Saison aus.

Die Cottbuser bejubelten angesichts Preuß’ Verletzung ihr Führungstor nicht, nach dem Spiel stellte Steffen Baumgart aber fest: „Ich glaube, dieses Jahr stimmt bei uns alles.“ Hinten wird kompakt und vielbeinig verteidigt, nach vorne mit dem bulligen Kraftpaket Francis Kioyo und dem schnellen Schlitzohr Sergiu Radu konsequent gekontert. Der Rumäne nutzte in Frankfurt eine verunglückte Rückgabe von Michael Fink aus, er schoss aus der Distanz in den Winkel zum 1:0 – sein elftes Saisontor. Der schnelle Ausgleich zum 1:1 durch einen Kopfball Alexander Meiers beeindruckte die Cottbuser nicht. „Wie die Mannschaft da die Ruhe bewahrt hat, das war schon sensationell“, sagte Petrik Sander. In seiner Verwunderung gab er alle Komplimente für diesen Aufschwung Ost sofort an seine Mannschaft weiter: „Das ist schon eine supertolle Leistung. Hut ab.“

Die Zeit des Hühnerhaufens hat Sander bei aller Verwunderung über seine Mannschaft aber nicht vergessen: „Wir müssen weiter Punkte sammeln. Ein Nachlassen dürfen wir uns nicht erlauben.“

Hartmut Scherzer[Frankfurt am Main]

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