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Sport: Die Party verdorben

Von Hartmut Scherzer Luxemburg. Am Sonntag sollte es wieder um Sport gehen.

Von Hartmut Scherzer

Luxemburg. Am Sonntag sollte es wieder um Sport gehen. Einen Tag nach dem Drogen-Geständnis von Jan Ullrich versuchten die Radprofis der Tour de France zurück in die Schlagzeilen zu fahren. Die erste Etappe rund um Luxemburg gewann der Schweizer Rubens Bertogliati nach einem erfolgreichen Ausreißversuch kurz vor dem Ziel. Der Deutsche Erik Zabel wurde Zweiter. Trotzdem trägt er jetzt das Grüne Trikot des Punktbesten, weil er auf dem Rundkurs zwischenzeitlich in Sprintwertungen gepunktet hatte. Das Gelbe Trikot des Führenden, das zuvor Lance Armstrong übergestreift hatte, durfte sich am Sonntag Bertogliati anziehen.

Beim Start des härtesten Radrennens der Welt am Tag zuvor hatte es faktisch noch zwei Prologe gegeben. Neun Stunden und 280 Kilometer lagen zwischen dem spektakulären Auftritt Jan Ullrichs in Frankfurt und dem spektakulären Auftritt Lance Armstrongs in Luxemburg. Morgens hatte der deutsche Radstar seine Drogen-Dummheit gestanden, abends gewann der US-Star den sieben Kilometer langen Tour-Auftakt.

Jan Ullrich war am ersten Tour-Wochenende allgegenwärtig – auch für Lance Armstrong. Im Fernsehen hatte der dreimalige Tour-Sieger die Pressekonferenz seines Gegners der beiden letzten Jahre verfolgt und sich dessen Aussagen übersetzen lassen. Am Tag danach sprach er voller Anerkennung über seinen reuigen Kollegen aus Merdingen. „Jan war tapfer und aufrichtig. Er hat sich gestellt, wie es ein Mann tun sollte“, sagte Armstrong. „In gewissem Sinne bin ich sogar stolz auf ihn.“ Das Rennen und auch er würden Ullrich vermissen.

Auch Jan Ullrich träumt noch vom großen Duell mit Armstrong. „So kann ich meine Karriere nicht beenden. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen“, hatte Ullrich gesagt. „Ich bin ganz unten und will wieder ganz nach oben.“ Jan Ullrich hatte gestanden, am 11. Juni bei einem „Zug um die Häuser“ unter Alkoholeinfluss und aus Frustration über sein Knieproblem von einem Unbekannten zwei Tabletten, „harmloses Zeug“, angenommen und geschluckt zu haben. Die „Riesendummheit“, wie sie Ullrich nannte, hatte Folgen. Bei einer Dopingkontrolle am nächsten Tag war das Stimulanzmittel Amphetamin nachgewiesen worden, die A-Probe war positiv. Auf die B-Probe verzichtete Ullrich. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, vom Bund Deutscher Radfahrer droht ihm eine Sperre von sechs bis zwölf Monaten.

Da der Sponsor Telekom keinen Dopingfall seines Radstars sieht, sondern nur ein privates Drogenproblem, wird der Tour-Sieger von 1997 wohl nicht fallen gelassen. „Ich sehe keinen Entlassungsgrund“, sagte Telekom-Kommunikatikonsdirektor Jürgen Kindervater. Ullrichs Vertrag läuft bis Ende 2003. Doch für das weitere Engagement gibt es klare Bedingungen: Jan Ullrich muss aus seiner Lebenskrise herauskommen, zudem muss sein rechtes Knie wieder heilen. Seine Teamkollegen wollen ihm helfen, auch wenn sie Ullrich nicht vorbehaltlos Absolution erteilen. „Jans Verhalten ist weder mit Alkohol noch mit Frustration zu entschuldigen“, sagte Rolf Aldag. „Er musste sich über das Risiko für die Mannschaft im Klaren sein.“

Für bessere Schlagzeilen konnte das Team Telekom am Sonntag nicht recht sorgen. Dabei hätte es eine so schöne Party werden können: Erik Zabel an seinem 32. Geburtstag als Etappensieger und Träger des Gelben Trikots. Der neue Kapitän des Teams Telekom war am Ziel der ersten Etappe nahe dran, ließ im Massenspurt die Sprint-Stars Robbie McEwen und Oscar Freire hinter sich. Doch Bertogliati verdarb mit seinem überraschenden Antritt einen Kilometer vor dem Ziel die Fete. Bei der heutigen Ankunft in Saarbrücken kann Zabel diese aber nachholen. „Für mich heißt es: Auf ein Neues in Saarbrücken", sagte Zabel.

Jan Ullrich zog sich am Sonntag zu Freunden zurück. Die Tour werde er nicht verfolgen, ließ er wissen. „Das tue ich mir nicht an.“

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