zum Hauptinhalt

Sport: Die Pille fürs Pferd

Auch bei den Weltreiterspielen führt kein Weg am Thema Doping vorbei

Aachen - Mit den Siegern ist das so: Während der Reiter die Medaille bekommt und Schampus gereicht wird, kommt Pferd als erstes zum Wasserlassen in den Veterinärstall. Doping ist ein großes Thema bei den Weltreiterspielen in Aachen. Alle deutschen Reiter haben vor Wochen ihre Pferde freiwillig testen lassen. Und während der WM müssen Siegerpferde und Stichprobenkandidaten zur Dopingkontrolle. „Etwa zehn Prozent aller Pferde werden untersucht“, sagt Wilfried Hanbücken, Tierarzt und verantwortlicher Veterinär-Koordinator der WM. Dabei wird die Urinprobe (darin lassen sich Substanzen besser als im Blut nachweisen) verplombt und ins weltbekannte Labor nach Chatenay-Malabry in die Nähe von Paris geschickt. Wie, das ist streng geheim. Denn die Dopingfahnder haben böse Erfahrungen gemacht: Die B-Probe des Pferdes von Cian O’Connor wurde 2004 gestohlen. Der Ire hatte in Athen Olympiagold gewonnen, die A-Probe seines Pferdes aber hatte die Verwendung eines Psychopharmaka belegt, das auf Pferde beruhigend wirkt.

Im Olympia-Umfeld gab es noch mehr Doping-Probleme: Beim Pferd von Meredith Michaels-Beerbaum wurde Acepromacin nachgewiesen, Michaels-Beerbaum durfte nicht mit nach Athen. Sie beteuerte, das Medikament nicht gegeben zu haben. „Das wäre einfach dumm gewesen“, sagt auch Wilfried Hanbücken. „Das ist ein uraltes Mittel und leicht nachzuweisen.“ Deshalb sind Stallungen und das Veterinär-Zentrum nun mit Drahtgittern eingezäunt und von Wachleuten umgeben. Kein Pferd soll von Dritten etwas Unerlaubtes zu fressen bekommen.

Auch nicht vergessen ist der Doping- Verdachtsfall Ludger Beerbaum, der bei seinem Pferd in Athen ohne Erlaubnis der Tierärzte eine cortisonhaltige Wundsalbe verwendete. Deswegen musste das deutsche Team die Goldmedaille zurückgeben. Nun hat der Weltreiterverband FEI die Regeln geändert: Statt dem totalen Substanzverbot wird bei der Sanktionierung zwischen Doping und verbotener Medikation unterschieden. Bei den Reitern herrscht aber immer noch Verunsicherung. „Sie fragen mich, ob sie starten dürfen, obwohl ihr Pferd vor zehn Tagen wegen einer kleinen Verletzung gespritzt wurde“, sagt Wilfried Hanbücken. Bisher musste der Tierarzt aber noch keinem die Teilnahme verweigern.

Die Ergebnisse der Dopingproben werden wenige Tage nach Ende der WM erwartet. Weltweit hätte die FEI im vergangenen Jahr 2500 Pferde getestet, sagt Frits Sluyter, der Leiter der tierärztlichen Abteilung des Weltverbandes, darunter wären bisher 60 bis 70 positive Fälle, „und nicht mal fünf fallen nach den neuen Regeln unter wirkliches Doping“. Nicht zufrieden mit dem Verfahren ist aber der Deutsche Tierschutzbund. Ein Pferd, das Spuren eines Wirkstoffes in sich trägt, sei nicht gesund und habe nichts auf dem Turnierplatz zu suchen.

Auch wenn Wilfried Hanbücken anderer Ansicht ist, gilt doch für ihn die Maxime, dass bei der Verabreichung von Substanzen höhere Ansprüche bei Pferden gelten als bei menschlichen Athleten. „Pferde können schließlich nicht für sich selbst entscheiden“, sagt er. Nur zwei generell erlaubte Substanzen gebe es: Medizin gegen Magengeschwüre und die Pille fürs Pferd. Die wird nicht genutzt, um Fohlen zu vermeiden, sondern um die sensible Zeit der Empfängnisbereitschaft zu verschieben: „Das sind ja viele Stuten total unreitbar.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false