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Sport: Die Programmänderung

IOC-Chef Rogge kämpft um Reformen bei Olympia

Berlin - Jacques Rogge behält seine Leidenschaft lieber für sich. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat in seiner Jugend Rugby gespielt und 16 belgische Meisterschaften gewonnen. Der spätere Segler ist inzwischen zu einem der wichtigsten Sportfunktionäre aufgestiegen – als solcher redet er selten über seine sportliche Vergangenheit. Vielleicht liegt das an den Machtspielen, die Rogge jetzt umtreiben. Auf der IOC-Tagung in Berlin, die am Mittwoch zu Ende ging, wurde weiter über die Reform des olympischen Programms gestritten. Zur Debatte steht, unbeliebte Sportarten wie Baseball und Softball zu streichen und durch attraktivere zu ersetzen. Die Ersatzdisziplinen sind Golf, Squash, Karate, Inline-Skating – und Rugby. „Ich kann verstehen, warum sie ungern über Rugby sprechen“, scherzte Innenminister Otto Schily bei einem Abendessen mit Rogge am Rande des Kongresses „Sportaccord“. Rogge lachte – und ging auf den Witz nicht ein.

Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren versucht der IOC-Chef, das Programm der Sommerspiele zu reformieren. Doch sein Vorschlag, Baseball, Softball und den Modernen Fünfkampf aus dem Programm zu nehmen, fand keine Mehrheit. Die betroffenen Verbände organisierten wirkungsvoll Widerstand – unterstützt auch von Funktionären, die Rogges Reformkurs insgesamt für verfehlt halten. Auch in Berlin waren die von Rogge angestoßenen Debatten über den Kampf gegen Doping und Korruption spürbar. Die Lockangebote von London und New York, die ihre Bewerbungen um die Olympischen Spiele 2012 mit Finanzhilfen für Sportverbände ausstatteten, stießen beim Präsidenten auf Skepsis. „Wir wollen nicht zurück zu den alten Zeiten des IOC“, sagte Rogge.

In der Frage des olympischen Programms verlegt sich der IOC-Chef nun auf eine neue Taktik: Er stellt alle Sportarten zur Abstimmung. Bei der nächsten Vollversammlung im Juli in Singapur wird nun über jede einzelne Sportart befunden; nur wer die Mehrheit von 51 Prozent erhält, darf weitermachen. Fallen Sportarten weg, kann die IOC-Exekutive neue vorschlagen, die Versammlung muss diese mit Zweidrittelmehrheit aufnehmen. Bei 28 Sportarten will es Rogge jedoch belassen, auch die Zahl der Teilnehmer soll nicht über 10 500 wachsen. Rogge: „Es können auch weniger sein.“

Bei vielen Funktionären stößt das Vorhaben auf Kritik. „Das kann nur ein Test sein und keine Dauerlösung“, sagte das deutsche IOC-Mitglied Walther Tröger. Tröger spricht sich für einen Turnus der Sportarten aus. So sollten Karate, Judo und Taekwondo abwechselnd dabei sein, ebenso Tennis, Tischtennis und Badminton. Weltfußball-Chef Joseph Blatter plädiert dagegen für eine Aufstockung der Spiele. Blatter regte unter anderem an, Hallensportarten wie Handball bei den Winterspielen auszutragen und so neuen Raum im Sommer zu schaffen. Die vom Ausschluss bedrohten Verbände begannen in Berlin, den Widerstand zu organisieren. „Diesen Stil lassen wir uns nicht gefallen“, schimpfte Klaus Schormann, Weltpräsident des Modernen Fünfkampfes, der sich ungenügend informiert über das neue Verfahren fühlte. Auch Kanu-Präsident Ulrich Feldhoff zeigte sich nicht erfreut über Rogges Programmänderung.

Rogge will sich davon nicht beirren lassen und das Prinzip der Abstimmungen über einzelne Sportarten mittelfristig etablieren. Auf die Frage, wie er Schilys Erinnerung an seine sportliche Vergangenheit fand, antwortete der ehemalige Rugbyspieler: „Herr Schily weiß eben viel über Sport. Vielleicht liegt das daran, dass er als Innenminister für die Geheimdienste zuständig ist.“

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