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Vorne wird’s gefährlich. Schalkes Stürmer Raúl (links) und Klaas-Jan Huntelaar erzielten gemeinsam vier der fünf Tore gegen den 1. FC Köln. Foto: firo

© firo Sportphoto

Sport: Die Rückkehr der Torjäger

Beim 5:1-Sieg der Schalker gegen Köln überzeugen vor allem die Stürmer Raúl und Huntelaar

Schon am Vorabend der Partie gegen den 1. FC Köln stand Klaas-Jan Huntelaar auf der Gewinnerseite. Er hatte Glück im Kartenspiel. So schien es jedenfalls. Sein oftmals gutes Blatt hatte allerdings nicht nur mit einer Glückssträhne zu tun, sondern auch mit dem Wohlwollen eines Vorgesetzten, der Huntelaar zu dessen 28. Geburtstag eine Freude machen wollte. „Ich habe ihn am Abend beim Kartenspielen gewinnen lassen“, sagte Horst Heldt, der Sportdirektor des FC Schalke 04. Tags darauf wechselte der Angreifer vom Spieltisch auf den Fußballplatz und erschütterte die anfangs solide Kölner Mannschaft so sehr, dass bei den Rheinländern einiges aus den Fugen geriet.

Mit drei Toren brachte Huntelaar das Kölner Kartenhaus vollends zum Einstürzen. Der niederländische Nationalspieler bewies erst Nervenstärke am Elfmeterpunkt, hielt später im richtigen Augenblick den Kopf hin und zeigte sich am Ende beweglich genug, einem schwer zu erreichenden Flankenball den letzten Kick in die gewünschte Richtung zu geben. Besonders während der starken zweiten Hälfte untermauerte Huntelaar die von ihm selbst aufgestellte These, Toreschießen sei wie Fahrradfahren, also nicht zu verlernen, wenn man es einmal kann.

In der vergangenen Saison hatte es nach vielversprechendem Start eine ganze Weile so ausgesehen, als hätte er es doch verlernt. Huntelaar blieb mehr als 1000 Minuten ohne Treffer, kam am Ende nur auf die enttäuschende Zahl von acht Toren und verspürte ein gewisses Unwohlsein, das sich, trotz des Pokalsieges, bis in die Sommerpause hineinzog. Doch kaum rollt der Ball wieder im allgemeinen Spielbetrieb, macht Huntelaar seinem Spitznamen Hunter wieder alle Ehre: vier Treffer in der ersten Pokalrunde, drei beim 5:1 im ersten Heimspiel, da klingen schon erste Zielkorrekturen an. Der Stürmer hatte sich vorgenommen, in dieser Saison mindestens zehn Bundesligatore zu schießen. „Wenn wir so weiterspielen, können es auch mehr werden“, sagte Huntelaar und nahm als Jagdtrophäe den Ball mit nach Hause, der dort einen Platz zwischen „anderen Bällen aus Spielen mit drei Toren von mir“ erhält. Die fette Beute, die er gegen Köln gemacht hat, wird ihn in der Absicht bestärken, „dieses Jahr nicht den Verein zu wechseln“. Verglichen mit Schalke fehlt es einem Klub wie Rubin Kasan, der angeblich interessiert war, dann doch noch an Strahlkraft.

Auch Raúl, dem anderen Torjäger des FC Schalke, dürfte der Auftritt in der Klaas-Jan-Huntelaar-Show gut getan haben. Wie es ihm genau geht, ist nur zu erahnen, weil der Spanier es vorzieht zu schweigen, wenn er nach seinem Befinden befragt wird. Der einstige Weltstar, diesmal der wichtigste Nebendarsteller, hatte zuletzt ein wenig verdrossen gewirkt, offenbar wegen seiner taktischen Rolle. Ob die Arbeitsplatzbeschreibung das Etikett „Stürmer“ trägt oder seine Rolle doch eher dem offensiven Mittelfeld zuzuordnen ist: Raúl bekam von Trainer Ralf Rangnick Mehrarbeit bei gegnerischem Ballbesitz aufgehalst, verbunden mit der Vorgabe, er müsse beim frühen Stören des Gegners wie jeder andere mehr laufen und leisten als zuvor. Ganz scheint der dahinter zu vermutende Konflikt noch nicht ausgestanden – der Jubel nach dem grandiosen Treffer zum 4:1 fiel verhalten aus.

Raúl wirkte weniger beschwingt als Huntelaar – obwohl dem Spanier ein künstlerisch besonders wertvoller Treffer gelungen war. Nach einem Doppelpass mit Jan Moravek nahm er den Ball elegant an und mit, drehte sich dabei und hob die Kugel schließlich mit viel Gefühl und mit Vorwärtsdrall über den bedauernswerten Kölner Torhüter Michael Rensing hinweg ins Tor. Da geriet sogar Huntelaar ins Staunen. „Sensationell, so etwas können nicht viele.“ Auf dem Platz war von atmosphärischen Störungen unter Schalkern nichts zu spüren. Falls die Kollegen ihm je gram waren, haben sie Raúl längst verziehen, dass er die Wahl in den Mannschaftsrat abgelehnt hatte. Sonst wäre ein Kunstwerk wie das Tor des Spaniers kaum möglich. Von den Schalker Ideen Felix Magaths ist nicht viel übrig geblieben, aber Huntelaar und Raúl verleihen dem Klub an guten Tagen wie diesem immer noch ein wenig weltläufiges Flair.

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