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Sport: Die Ruhe nach dem Krawall

In Leipzig räumen Lok-Fans ihr Stadion auf – dem Verein hilft das kaum

Am Ende einer aufreibenden Woche hatte Steffen Kubald mal wieder einen kleinen Grund zur Freude. Der Präsident des 1. FC Lok Leipzig, der wegen der Krawalle seiner Fans um die Existenz seines Vereins bangen muss, konnte am Wochenende etwa 200 Anhänger des Klubs im geschlossenen Bruno-Plache-Stadion begrüßen. Sie räumten die baufällige Arena auf, damit ihr Klub irgendwann wieder hier spielen darf.

„Ich bin angenehm überrascht“, sagte Kubald am Sonntag über seinen erfolgreichen Aufruf, der unter dem Motto „Gegen Gewalt, pro Plache-Stadion“ gestanden hatte. „Ansonsten kommen maximal 15 Leute zu solchen Aktionen.“ Nach der schweren Randale vom vergangenen Wochenende, bei der 800 gewaltbereite Fans im Stadion randaliert und schließend Jagd auf 300 Polizisten gemacht hatten, ist eben vieles anders in Leipzig. Rund um die Stadt ruhte der Fußball.

Viele Mannschaften der Region behalfen sich mit Testspielen, meist in den benachbarten Bundesländern. Zum Beispiel in Brandenburg, wo die Punktspiele der unteren Ligen erst am kommenden Wochenende beginnen. Andere, wie auch die Bezirksliga-Mannschaft von Lok Leipzig trainierten lediglich.

Bei der Genehmigung von Testspielen drückte der Sächsische Fußballverband hier und da ein Auge zu. So spielte beispielsweise Sachsenliga-Spitzenreiter SSV Markranstädt gegen Bezirksligist SSV Stötteritz 6:1. Letzterer ist der nächste Gegner des 1. FC Lok Leipzig. Am kommenden Sonnabend sollen die Stötteritzer im benachbarten Stadtteil Probstheida antreten – im Bruno-Plache-Stadion. Ob damit der Alltag wieder in den Leipziger Fußball einkehrt, ist allerdings offen.

Der politische Druck auf die Vereine nimmt jedenfalls zu. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte am Wochenende mehr Engagement der Vereine gegen die Gewalt. „Zudecken, beschwichtigen und schweigen gilt nicht mehr“, sagte Schäuble der „Bild am Sonntag“. „ Die Klubs müssen sich bekennen, Gewalttäter aktiv ächten und in die Jugendarbeit investieren.“ Auch Politik im Leipziger Rathaus und in der Landeshauptstadt Dresden haben eine intensivere Fanarbeit angemahnt. Die Polizei sucht derweil weiterhin mit Fahndungsbildern nach den Krawallmachern.

Die Bezirksliga-Konkurrenz von Lok Leipzig macht sich indes noch größere Gedanken als bislang schon über die Begegnungen mit dem Problemverein. Allen voran der SV Naunhof, neben dem ESV Delitzsch ärgster Widersacher der Lok im Aufstiegskampf. „Bis zu unserem Duell vergehen zwar noch sieben Spieltage, aber dass wir Lok nicht auf unserem Sportplatz mitten im Wald empfangen können, scheint mir klar“, sagte Wolfgang Thieme, ehrenamtlicher Manager der Naunhofer. Man wolle nun auf einen Platz am Stadtrand ausweichen. Dort sei die Sicherheit besser zu gewährleisten und die Parkplatzsituation günstiger. „Sollte sich der Aufstiegskampf zuspitzen und eine fünfstellige Zuschauerzahl zu erwarten sein, müssten wir neu nachdenken“, betont Thieme. Der Ausweichspielort Grimma hat inoffiziell schon abgewunken. Die Muldestädter haben offenbar wenig Lust, dass nach der großen Elbe-Flut renovierte Stadion der Freundschaft wieder kaputtschlagen zu lassen. Als Alternative bliebe wohl nur das Leipziger Zentralstadion. Ein Umzug in die Arena, die wegen der WM-Spiele 2006 höchsten Standards genügt, ist dem 1. FC Lok Leipzig jedoch bislang zu teuer. Am Ende könnte er trotzdem nötig sein.

Norbert Töpfer[Leipzig]

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