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Sport: Die Schattensiegerin

Betty Heidler holt Gold, muss sich als Hammerwerferin aber hinten anstellen

Barcelona - Tatjana Lysenko war einen Tick schneller. Sie hatte zuerst die Arme hochgerissen, Betty Heidler kam eine halbe Sekunde später. Lysenko winkte aus dem Ring den Zuschauern zu, Heidler feierte mit gereckten Fäusten, das war der Unterschied. In diesem Moment hatte Betty Heidler aus Frankfurt am Main Gold im Hammerwerfen gewonnen. Lysenko hatte ihren Hammer im letzten Versuch ins Netz geschleudert, die letzte Chance der Russin, die Deutsche zu überholen, war vergeben. „Ich war schon sehr angespannt vor ihrem Versuch“, sagte Heidler, „sie kann ja sehr weit werfen.“ 77,80 Meter genau gesagt, da liegt die Bestweite der Russin.

Am Freitagabend bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Barcelona kam sie allerdings nur auf 75,66 Meter. Das reichte nicht gegen Heidler, das reichte nicht gegen die Vize-Weltmeisterin, die gleich zweimal weiter geworfen hatte, erst 75,92 Meter, dann 76,38 Meter, Saisonbestleistung. So weit war ja alles klar für die Vize-Weltmeisterin. Ein anderes Problem löste sie mit ihrem Sieg allerdings nicht. „Wir Hammerwerfer fühlen uns schon ein bisschen abgeschoben“, sagte sie in den Katakomben des Olympiastadions. Hammerwerfer gehören irgendwie nicht richtig dazu. Wenn sie werfen, ist es gefährlich, deshalb müssen sie entweder vor allen anderen rotieren, wenn kaum Zuschauer im Stadion sind, oder sie erhalten ohnehin einen eigenen Wettkampftermin.

Dass sie im normalen Programm eingeplant sind wie bei der EM, ist die Ausnahme. Der Welt-Leichtathletikverband IAAF hat eine „Hammer Throw Challenge“ etabliert, eine Wettkampfserie mit elf Stationen. Da gibt’s zwar mehr als 300 000 Euro Preisgeld, aber für Heidler ist das nur bedingt ein Trost. „Wir verdienen schon gutes Geld“, sagte die 26-Jährige, „aber ich wäre auch gerne in der Diamond League.“ Dort hat die IAAF die attraktiven Einzeldisziplinen zusammengefasst, Hammerwerfen zählt nicht dazu. Und darüber „ärgere ich mich schon“.

Aber vielleicht erlebt sie noch als Sportlerin einen Zeitenwandel. Ihre Planungen sind noch ziemlich weitreichend. Sie ist 26 Jahre alt, die nächsten Olympischen Spiele sind das große Ziel. Und das Jurastudium, „das wird lange nach 2012 abgeschlossen“. Frank Bachner

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