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Sport: Die schöne Niederlage

Alba verliert 82:95 in Jerusalem und ist trotzdem im Uleb-Cup-Achtelfinale

Als sich Henning Harnisch 26 Sekunden vor der Schlusssirene von der Bank erhob, verstieß der Teammanager von Alba Berlin gegen seine eigene Regel. „Das Spiel in Siena ist während des Spiels kein Thema für uns“, hatte er gesagt, doch das war vorher. Nun ging er drei Schritte auf Marco Baldi zu, der einsam in einer Ecke saß und sein Handy bediente. Harnisch interessierte sich plötzlich überhaupt nicht mehr für seine Spieler auf dem Feld, sondern nur noch für eines: Das Spiel in Siena. Fragend blickte er den Geschäftsführer an, dieser antwortete kurz und fuhr mit seinen Händen flach durch die Luft: Aus. Harnisch drehte sich um, ging zu Trainer Henrik Rödl, der es schließlich den Spielern auf der Ersatzbank sagte: Wir sind weiter.

Die Basketballer von Alba Berlin haben zwar bei Hapoel Jerusalem 82:95 (44:48) verloren, trotzdem stehen sie zum ersten Mal im Achtelfinale des Uleb-Cups. Weil Siena zeitgleich gegen Ostende 73:62 gewann, beenden die Berliner aufgrund des besseren direkten Vergleichs mit Ostende und Sofia die starke Gruppe C auf dem vierten Platz. „Das ist der Lohn für die harte Arbeit in dieser Saison und auch der Lohn für die Leistung heute“, sagte Harnisch. Trainer Henrik Rödl ergänzte: „Wir haben im Vergleich zum vergangenen Jahr einen Riesenschritt nach vorne gemacht.“ Doch dieser Schritt war lange zweifelhaft: Hätte Ostende in Siena gewonnen, wäre die Uleb-Cup- Saison für Alba gestern beendet gewesen. Weshalb die Berliner Spieler die Malcha-Halle in einer seltsamen Stimmung verließen. Keiner freute sich nach der Schlusssirene offen. „Ich habe ein gemischtes Gefühl“, sagte Johannes Herber, der zwölf Punkte erzielte, „aber es ist überwiegend positiv.“

Vor dem Spiel hatte Teammanager Harnisch die Begleiter ermahnt: Nichts den Spielern sagen. Niemand sollte die Zwischenergebnisse aus Siena vor dem Ende des eigenen Spiels verraten. Auch Geschäftsführer Marco Baldi hielt sich an diese Maßgabe, obwohl er alle zwei Minuten eine SMS aus der Geschäftsstelle mit Zwischenständen auf sein Handy geschickt bekam. Die Spieler sollten sich nicht von der eigenen Aufgabe ablenken lassen, schließlich hätte ihnen ein Sieg Rang zwei und eine bessere Ausgangsposition fürs Achtelfinale verschafft.

Zur Halbzeit führte Alba 32:24, obwohl Chris Owens bereits nach 245 Sekunden auf die Bank musste, weil er drei Fouls gesammelt hatte. Im zweiten Viertel foulte Jerusalems Centerspieler Mario Austin Julius Jenkins so hart, dass dieser unter dem Korb auf den Boden knallte. Das Foul war auch Ausdruck des Drucks, unter dem Jerusalem stand. Bei einer Niederlage gegen Alba wäre der Uleb-Cup- Gewinner aus dem Jahr 2004 ausgeschieden. Doch Jerusalem kämpfte sich bis zur Pause wieder nach vorne. „Unser Vorsprung ist zu schnell wieder geschmolzen“, ärgerte sich Rödl.

Bevor William Avery zur zweiten Hälfte aufs Spielfeld trat, musste er noch einige Hände schütteln. Vor zwei Jahren hatte er für Hapoel gespielt. Vielleicht gratulierten ihm seine Freunde bereits zum guten Spiel, denn der Spielmacher war mit Julius Jenkins (beide 17 Punkte) bester Werfer der Berliner. In der 23. Minute sprangen die Zuschauer begeistert von ihren Sitzen auf, denn Koko Archibong musste mit seinem fünften Foul ausscheiden. „Wir hatten Foulprobleme, trotzdem hätten wir das Spiel gewinnen können“, sagte Owens. Doch die 3800 Zuschauer trieben ihr Team in der Schlussphase nach vorne. Albas Verteidigung hatte vor allem Meir Tapiro (22 Punkte) und Dror Hagag (16) nichts mehr entgegenzusetzen. Sie entschieden das Spiel – und Henning Harnisch begann das Interesse an seinem Team zu verlieren. Was sich aber schnell wieder ändern sollte.

Auf der Fahrt zum Hotel konnte er bereits die drei möglichen Gegner für die Auslosung am Freitag nennen: Real Madrid, Lietuvos Rytas Vilnius oder FMP Zeleznik aus Belgrad. „Alles sind Direktflüge“, freute sich Harnisch. „Wir sind noch lange nicht fertig.“

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