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Sport: Die Sehnsüchte der Stuttgarter

Beim Tabellendritten pokern die Spieler eifrig um neue Verträge

Stuttgart. Eine Spur aus bräunlich-schwarzen Zwiebelringen, Fettspritzern und kleinen Senfhäufchen zog sich von der Imbissbude neben dem Kabinengang des Dreisamstadions bis zur Tür des Busses, hinter der die Männer in den Klubanzügen des VfB Stuttgart mit den Würstchen und Dönern verschwanden. Am Ende einer Saison, wenn der Kampf um Punkte und neue Verträge Kraft kostet, verlangen Körper und Seele offenbar stärker nach handfester Nahrung. Hungrig sind sie, die schwäbischen Fußballprofis, der 1:0-Sieg beim SC Freiburg allein hat sie längst noch nicht satt gemacht. Kevin Kuranyi hatte in der 10. Minute den entscheidenden Treffer erzielt.

Das gemeinsame Ziel, Bayern München zu jagen, eint den Tabellendritten. Trotz fünf Punkten Rückstand und hartnäckiger Konkurrenz aus Leverkusen plant der VfB Stuttgart, noch Platz zwei zu erobern und direkt in die Champions League zu stürmen. „Wir warten auf einen Ausrutscher der Bayern. Bis zum Spiel gegen München dürfen wir nicht mehr als drei Punkte Rückstand haben“, sagte VfB-Stürmer Marco Streller. Und Trainer Felix Magath verkündet gar, er schaue sowieso nur auf Rang zwei. Tief in den Köpfen der schwäbischen Fußballfamilie bleibt trotz der Tabellenlage eine Menge Platz für individuelle Sehnsüchte. Torhüter Timo Hildebrand, der noch einen Vertrag bis 2005 hat, fordert mehr Geld. Sein Berater Dusan Bukovac droht schon mit Hildebrands Abgang. Marcelo Bordon will schon diesen Sommer nach Gelsenkirchen. Und Felix Magath wartet ab, ob ihn nicht doch der Lockruf von Bayern München ereilt.

„Meister, fünf Stück“, sagte Marcelo Bordon an der Hintertür der Imbissbude, spreizte die Finger der rechten Hand, zog einen Fünfziger aus der Tasche, schleppte die Einkäufe wie ein dickes Lunchpaket in Sitzreihe sechs – und dachte an Schalke 04. „Gott ist auch in Gelsenkirchen, und wo er ist, fühle ich mich wohl“, sagte der gläubige Brasilianer. „Das alles ist nun Sache der Vereine“, sagt er lächelnd. Schalkes Manager Rudi Assauer plant, Bordon schon in diesem Sommer ins Ruhrgebiet zu holen, ein Jahr, bevor dessen Vertrag in Stuttgart ausläuft. Assauer kündigte baldige Verhandlungen an.

Zu diesm Thema befragt, setzte Magath ein Pokerface auf und sagte: „Ich will nächstes Jahr mit dem VfB in der Champions League spielen, dafür brauche ich Bordon.“ Hinter den Kulissen denkt Stuttgarts Vereinschef Erwin Staudt an fünf Millionen Euro, die ihn bewegen könnten, Bordon vorzeitig ziehen zu lassen.

„Ich weiß nichts von Verhandlungen", sagt der ehemalige IBM-Chef Staudt. „Wenn einer von uns mit Rudi Assauer verhandelt, dann nur Felix Magath.“ Assauer dürfte die Aussicht auf Gespräche mit dem Stuttgarter Sportdirektor und Trainer nicht gefallen. Vor ein paar Monaten wollte er ihn als Trainer nach Gelsenkirchen holen und erhielt eine Absage. Seitdem gilt das Verhältnis als äußerst angespannt.

2,5 Millionen Euro sollen es sein, die Hildebrand im neuen Vertrag pro Jahr fordert. 1,8 Millionen Euro sollen die Stuttgarter ihrem Torwart aber nur zahlen wollen. „Die Zahlen sind falsch. Aber ich mache die Spielchen der Medien nicht mit“, sagte Hildebrand. Nach einem Gespräch mit Staudt seien die Verhandlungen auf Eis gelegt. Er hat Zeit, denn, so sagt Hildebrand: „Der Trainer hat auch noch nicht unterschrieben.“ Magath hatte Hildebrand vorsichtig für dessen Verzögerungstaktik kritisiert. Selbst aber will er erst über einen neuen Vertrag nachdenken, wenn Hildebrand sein Ja-Wort gibt. Es wird weiter eifrig gefeilscht in Stuttgart. „Wir haben ein Ziel und sind auf Kurs. Mit uns ist zu rechnen“, sagte Felix Magath – und folgte der Spur der Zwiebelringe in den Mannschaftsbus.

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