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Sport: Die Spiele gehen nicht weiter

Die Münchner Olympiabewerbung steckt bei den Bürgerentscheiden eine krachende 0:4-Niederlage ein und ist gescheitert.

Den Anfang macht die Gemeinde Palling im Landkreis Traunstein. Und Palling mit seinen 3383 Einwohnern gibt an diesem Wahlabend um 18.27 Uhr den Trend vor bei den Bürgerentscheiden über Olympische Winterspiele 2022 in München und Oberbayern: 57 Prozent der Pallinger stimmen mit Nein. Keine Stunde später ist das krachende Aus für die Olympia-Bewerbung besiegelt, als das vorläufige Endergebnis der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen feststeht. Dort lehnen 51,6 Prozent der Bürger das geplante 3,3-Milliarden-Projekt ab. Schon die Ablehnung in einem der vier Bewerbungsorte bedeutet, dass München und Co. nicht ins Rennen gehen, das haben die Kommunen zuvor deutlich gesagt.

Ein 4:0-Sieg hätte es werden müssen, um die Spiele in die Alpen zu holen – vier Mal Ja waren gefordert. Doch es wird zu einer herben, deutlichen 0:4-Niederlage, je mehr Einzelergebnisse aus den einzelnen Kommunen und Stimmbezirken gemeldet werden. Die Wahlbeteiligung bei den Bürgerentscheiden war hoch, überall ist das nötige Quorum von 10 Prozent und in Garmisch von 20 Prozent der Wahlbeteiligten für jeweils den einen oder den anderen Vorschlag erreicht worden. Am deutlichsten ist die Ablehnung im Landkreis Traunstein mit 59,67 Prozent. Im Berchtesgadener Land sind 54,02 Prozent gegen eine Bewerbung, in der Landeshauptstadt kommen die Gegner auf 52,10 Prozent.

Die Stimmung ist nicht nur gedämpft, sie ist am Boden im Münchner Kreisverwaltungsreferat, wo die Ergebnisse gesammelt werden. Viel Politik-Prominenz findet sich hier ein, fast alle gehören zu den Unterstützern. Der SPD-Oberbürgermeister Christian Ude hat sich mit der Skiläuferin Maria Höfl-Riesch und dem ehemaligen Skispringer Sven Hannawald in ein Besprechungszimmer zurückgezogen. Erst einmal gilt es, die Niederlage zu verkraften. SPD-Landtagsfraktionschef Florian Pronold zeigt sich enttäuscht, meint jedoch: „Die Welt geht deswegen nicht unter.“ Als Christian Ude schließlich vor die Fernsehkameras tritt, sagt er: „Es lag nicht am Konzept, sondern an der Stimmung gegenüber internationalen Großereignissen.“ 

In einem Münchner Öko-Veranstaltungshaus hingegen feiern die Olympia-Gegner von „Nolympia“ und den Grünen. „Wir haben überzeugt“, sagt die junge Grünen-Landtagsabgeordnete Katharina Schulze. „Die Leute haben sich gesagt, dass sie keine Sause auf Kosten der Umwelt wollen, die dann womöglich einen Schuldenberg hinterlässt.“ Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund Naturschutz Bayern, sagt: „Ökologisches Bewusstsein und Heimatliebe der Bürger haben über Kommerz und Gigantismus gesiegt.“ Auch wird die Abfuhr für das „Großmannsdenken des Internationalen Olympischen Komitees“ bejubelt.

In den Tagen vor der Abstimmung war deutlich geworden, dass die Argumente der finanziell bescheiden ausgestatteten „Nolympia“-Gruppen in der Bevölkerung auf immer mehr Resonanz gestoßen waren. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wurde als dubioser Verein kritisiert ohne demokratisches Fundament, dessen Mitglieder sich selbst bereichern. Der „Gelddruckmaschine“ wurden fast schon mafiöse Strukturen unterstellt.

Begeisterung für ein großes Sportereignis hingegen kam nicht auf – obwohl die Befürworter mit ihrer Kampagne „OJa-München-2022“ im öffentlichen Raum erdrückend dominant waren. Geschätzt eine Million Euro sollen sie für Werbung zur Verfügung gehabt haben, was das Dreißigfache dessen wäre, das die Gegner hatten. Von Siemens über die Deutsche Bahn bis hin zu großen lokalen Einzelhändlern – alle stellten sich hinter die Idee, nach 1972 erneut die Olympischen Spiele nach München zu holen.

Der Sieg der Gegner hingegen ist auch ein Sieg gegen eine ganz große politische Koalition: CSU, SPD, Freie Wähler und die Reste der FDP – alle waren für Olympia. Nur ein Großteil der Grünen lehnte es ab. Offensichtlich verursachte dies das Gefühl, von der Politik bevormundet zu werden. Auch von dem in München ansonsten so beliebten Christian Ude, der als Stadtoberhaupt sogar durchgedrückt hatte, dass die Bürger mit den Wahlunterlagen zugleich Papiere mit Pro-Argumenten erhielten – während die Meinung der Gegner auf diesem Weg keinerlei Verbreitung fand.

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