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Sport: Die Statistik macht Druck

Unions Gegner, der 1. FC Köln, ist souveräner Tabellenführer – und hat trotzdem Angst

Der 1. FC Köln leistet sich gerade eine ungewöhnliche Luxuskrise. Ist im Verein normalerweise die Laune deutlich besser als die Lage, was sich auch daran zeigt, dass die Spieler zuweilen in der Kabine fröhlich über siegreiche Gegner lachen, herrscht hier gerade Katerstimmung. Und das liegt nicht daran, dass der Karneval gerade vorbei ist. Woran dann?

Der FC liegt mit sieben Punkten Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsplatz seit Monaten sicher an der Spitze der 2. Liga, hat das beste Torverhältnis, die meisten Treffer erzielt und ist, dies für fanatische Statistiker, seit 330 Tagen in Ligaspielen ungeschlagen. Aber, und daher kommt der schale Geschmack: An ein wirklich überzeugendes Spiel der Mannschaft kann sich kaum noch jemand erinnern. So mancher Sieg musste abgehakt werden unter der Kategorie Dusel. Elfmal, also eben so oft wie Union, hat die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel bereits unentschieden gespielt, und das zumeist trostlos. Besonders Vereine aus dem Tabellenkeller können sich auf Dirk Lottner und seine Kölsch-Freunde freuen: Da sind sie meistens besonders schlecht drauf. Es scheint fast so, als herrsche beim FC eine lähmende Angst vor den Folgen der ersten Saisonniederlage.

Und war da nicht noch was? Richtig, das Pokalspiel in München, jenes 8:0, das den Sinn der ganzen Zweitligamühen so grundlegend in Frage gestellt hat. Was soll man da oben, wenn es gleich wieder runter geht? Ein paar frühe Neueinkäufe für die nächste Saison sollten die Nerven beruhigen: Stefan Wessels von Bayern, Marius Ebbers von Duisburg, Sebastian Schindzielorz von Bochum. Dass die Kölner nach der Panne von München nicht auch in der 2. Liga zusammenbrachen, mag wohl mit daran liegen, dass man hier weiß, wie ein solches Ergebnis zu Stande kommen kann. Das 7:0 gegen Union war schließlich auch kein normales Fußballspiel mehr. Diese Erfahrung hilft, den Schreck zu verdrängen.

Vor dem Spiel am Sonntag bei Union hat Funkel seinen Spielern zum ersten Mal in der Saison eine Art Geheimtraining verordnet. Alle ahnen, was auf sie zukommt, Funkel sagt es: „In Berlin wird es richtig zur Sache gehen, ich erwarte einen Hexenkessel.“ Den Kampf sollen seine oftmals verhinderten Schönspieler aufnehmen, und „aggressiv sein“. Kämpfen indes kann der FC dieses Jahres, das hat er gezeigt: Keine andere Elf hat so oft einen Rückstand aufgeholt wie die Kölner. Und bis auf den verletzten Christian Springer sind diesmal fast alle dabei, was bisher auch nicht sehr oft vorkam. Dazu haben sich Hunderte Fans aus Köln gestern auf den Weg nach Berlin gemacht: Der Sonderzug und die Busse waren ausverkauft.

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