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Sport: Die Stoiker starten durch

Die kühlen Bremer feiern ein bisschen ausgelassen Platz drei und wollen sich jetzt in der Champions League etablieren

Wenn Markus Jost einen Charterflieger der Ostfriesischen Lufttransporte steuert, und an Bord sitzt eine gut gelaunte Besatzung, dann sind am Bremer Flughafen flugs ein paar Grundregeln der Luftfahrt außer Kraft gesetzt. Das war am 8. Mai 2004 so, als Flugkapitän Jost den gerade zum Meister gekrönten Tross des SV Werder Bremen aus München mit waghalsigen Manövern einflog, das ist auch vorgestern so gewesen, als Jost die in Zweibrücken gestartete Propellermaschine zur Freude von 500 Fans auf der Aussichtsterrasse gegen 21.15 Uhr kurzerhand noch einmal durchstarten ließ.

Schließlich gab es ja auch wieder etwas zu feiern: den unverhofften Sprung auf Platz drei, die Möglichkeit, eine Saison voller Höhen und Tiefen doch mit dem Erreichen der Champions League zu krönen. Nötig sind dafür Erfolge in den Qualifikationsspielen am 9./10. und 23./24. August.

Zwar ließ Sportdirektor Klaus Allofs noch unmittelbar nach dem 2:1-Erfolg in Kaiserslautern („Wir dürfen von der Champions League träumen, mehr nicht“) erste Warnungen los, doch niemand glaubt ernsthaft an eine Bremer Bruchlandung. Denn unter dem Strich wird in die dritte Qualifikationsrunde, die übrigens auch Teams wie Manchester United oder Inter Mailand überstehen müssen, jene deutsche Mannschaft entsandt, die national mit dem ansehnlichsten Fußball überzeugt. Offensiv und aggressiv ausgelegt, auf Ballbesitz und Ballbehauptung ausgerichtet.

Als gelte es, das jüngste Lob von Dortmunds Trainer Bert van Marwijk („Bremen hat die spielerisch beste Mannschaft“) zu bestätigen, landeten die Bremer bei den überforderten Pfälzern einen Erfolg, der angesichts der Überlegenheit mit 2:1 noch viel zu knapp ausfiel. Ausgelassen tanzten die Sieger erst im Trikot und später in den Ausgehanzügen vor der Fankurve.

„Wenn man am Ende auf dem dritten Platz steht, muss das verdient und gerecht sein“, stellte Thomas Schaaf lapidar fest. Damit verschwieg der Trainer-Stoiker geflissentlich, wie groß die Erleichterung bei den Klub-Oberen war. Während die quietschvergnügten Spieler sich nach der Rückkehr in Bremen im Nachtleben amüsierten, suchte sich die Führungsmannschaft, die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat, im Szene-Lokal Delano ein stilles Plätzchen, „um in unserer eigenen Bescheidenheit“ (Mediendirektor Tino Polster) anzustoßen.

Die Stoßrichtung, die mittlerweile auch Aufsichtsratschef Willi Lemke mitträgt, ist klar: Werder will sich mit Macht unter den drei, vier Top-Teams hinter den Bayern positionieren, „sie zu überholen wird schwer“, weiß Allofs. Für ihn geht es nun darum, „dass wir ein paar Mal hintereinander in der Champions League vertreten sind“. Zum einen bietet nur die Königsklasse Nationalspielern wie Klose, Schulz oder Owomoyela in der WM-Saison die passende Bühne, zum anderen sind die Erlöse „ein tolles Zubrot für einen Verein in einer Region, die nicht in der Schlagsahne sitzt“ (Vorstandsboss Jürgen L. Born). Rund neun Millionen Euro winken den Hanseaten, die nach Tim Wiese (Kaiserslautern), Patrick Owomoyela (Bielefeld), Jurica Vranjes (Stuttgart) und Leon Andreasen (Aarhus) noch weitere Verstärkungen im Visier haben. Eine davon: Linksfuß Tobias Rau vom FC Bayern.

Schon heute steigt die Mannschaft am Flughafen in die nächste Maschine. Ziel: Mallorca. Offiziell steht ein Regenerationstrainingslager an. Doch die „deutlich verbesserte Stimmung“ (Polster) könnte auch dafür sorgen, dass sich die aktive Erholung nach Fußballtennis und Strandlauf noch in die Abendstunden erstreckt. „Da wird sicher ab und zu gefeiert“, kündigte Miroslav Klose an.

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