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Sport: Die Suche nach dem festen Tritt

Turner zeigen Schwächen bei der EM-Generalprobe

Dessau - Zwei, drei Sekunden lang war Philipp Boy ganz bei sich, er sah aus, als würde er nichts wahrnehmen. Die Zuschauer in der Dessauer Halle nicht, die Mannschaftskollegen nicht, die Kampfrichter auch nicht. Da stand Philipp Boy, Vize-Weltmeister im Mehrkampf, bloß neben dem Barren und wusste nicht, wie ihm geschehen war. Er hatte die Stützkehre verpatzt, ausgerechnet die Stützkehre, einer der leichtesten Übungen. „Seit zehn Jahren turne ich die, ich habe sie noch nie verpennt“, sagte er später. Bis zu diesemWettkampf in Dessau, einer Art Länderkampf gegen Top-Athleten – der Generalprobe für die Turn-EM in Berlin, die am Mittwoch beginnt.

Seine Barren-Übung hatte Boy verpatzt, seine Bodenübung auch, und an den Ringen hatte er den Abgang vermasselt. Nur am Reck glänzte er. Aber er war mit seinen Fehlern ja nicht allein. Brian Gladow fiel vom Reck, Marcel Nguyen hatte Probleme am Barren. Das waren die Eindrücke, die vor allem haften blieben. Auch wenn Robert Weber an den Ringen gut turnte, Nguyen beim Sprung glänzte und Sebastian Krimmer insgesamt fast fehlerfrei geblieben war.

Gegenüber seinen Athleten ist Chef-Bundestrainer Andreas Hirsch deutlich geworden: „Jungs“, hatte er ihnen gesagt, „so wie ihr das gezeigt habt, reicht das nicht.“ Jetzt habe man gesehen, welche Schwächen noch vorhanden seien. „Wir sind noch nicht überm Berg.“

So sah das auch Boy, nur betont er, „dass man Dessau auf keinen Fall überbewerten soll“. Der Boden in Dessau habe besonders gefedert, deshalb sei er über die Begrenzung geflogen, beim Abgang an den Ringen habe er unbedingt in den Stand turnen wollen, was dann halt schief gegangen sei, und so etwas wie die Stützkehre, nun ja, so etwas ist in den vergangenen zehn Jahren nicht passiert. Außerdem dürfe man nicht vergessen, „dass wir aus einer Riesenbelastung gekommen sind“. Er meinte das harte Training in Kienbaum.

Allerdings beginnt in Kürze schon die Europameisterschaft mit der Qualifikation, viel Zeit ist nicht mehr, Spielraum zum Experimentieren auch nicht. „Wenn man bei der EM kein Risiko eingeht, reicht es nicht fürs Finale“, sagte Hirsch. Sein Fazit von Dessau: „Es ist gut, dass wir da waren.“ Frank Bachner

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