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Sport: Die Taktiker von Platz eins

Wolfsburg siegt 3:0 gegen Stuttgart und bleibt an der Tabellenspitze

Der Torschütze kam nur bis zur Außenlinie. Für die restlichen Meter zur Trainerbank, wo Trainer Erik Gerets schon wartete, um Martin Petrow zu beglückwünschen, reichte die Kraft nicht mehr. Der Bulgare sank zu Boden, ließ die üblichen Feierlichkeiten seiner Kollegen über sich ergehen, um sich dann schließlich völlig erschöpft mit Krämpfen in den Beinen auswechseln zu lassen.

Petrow hatte sich die Ruhe verdient. In den knapp 80 Minuten zuvor hatte er zum 3:0Sieg des VfL Wolfsburg gegen die „beste Mannschaft der Bundesliga“, wie Gerets den VfB Stuttgart auch nach dem Spiel noch bezeichnete, nicht nur die meisten Torschüsse und Vorlagen beigesteuert, sondern auch zwei fantastische Tore erzielt, bei denen sich seine Gegenspieler so anstellten, als wären sie geradewegs vom vor dem Spiel ausgetragenen Jugend-Cup verpflichtet worden. In der 69. Minute, als Petrow mit dem Ball in den Strafraum dribbelte und die 29 076 Zuschauer im Stadion genau wie die Stuttgarter Abwehrspieler Meißner und Babbel mit einem Pass in die Mitte rechneten, lief der Wolfsburger einfach an den überraschten Gegnern vorbei und drosch den Ball zum 2:0 ins Tor. Und auch bei seinem zweiten Treffer sieben Minuten später profitierte der Stürmer von den „leichten individuellen Fehlern“ der Stuttgarter, die nach Überzeugung ihres Trainers Matthias Sammer ein zunächst ausgeglichenes Spiel zu Ungunsten seiner Mannschaft hatten ausgehen lassen. Wolfsburgs Torwart Simon Jentzsch warf den Ball 50 Meter über die gesamte aufgerückte Stuttgarter Mannschaft hinweg auf Petrow. Der lief an der Mittellinie problemlos Horst Heldt davon und schob den Ball schließlich am Stuttgarter Torwart Timo Hildebrandt vorbei ins Tor.

Für Stuttgart war damit nur zweieinhalb Tage nach dem 0:3 im DFB-Pokal in München eine weitere hohe Niederlage hinzugekommen. „Vor dem Spiel haben wir gesagt, dass die Mannschaft nun eine Trotzreaktion zeigen müsse, aber das haben sich die Wolfsburger wohl auch vorgenommen“, sagte Sammer. Tatsächlich erinnerte beim Tabellenführer der Bundesliga nichts an das 0:4 am vergangenen Spieltag in Nürnberg. „Taktisch war das heute unser bestes Saisonspiel“, freute sich Gerets und war sich mit Abwehrspieler Pablo Thiam einig, der betonte, dass Wolfsburg „von der ersten Minute an konzentriert verteidigt hat“. Das 1:0 zehn Minuten vor der Halbzeit durch Thomas Brdaric kam etwas überraschend, war wegen der „leichten spielerischen Vorteile“ für Wolfsburg, die auch Sammer ausgemacht hatte, aber verdient.

Nach der Halbzeit hätten die Stuttgarter noch einmal herankommen können – wenn sie nicht Martin Petrow aus den Augen gelassen hätten. So sicherte der Bulgare seinem Team für eine weitere Woche den Platz an der Spitze. Dort steht der VfL inzwischen so souverän, dass sich die Verantwortlichen erlauben können, nicht alles, was die Konkurrenz so tut, zu verfolgen. Ob er sich heute das Spiel des FC Bayern in Bochum ansehen werde, wurde Gerets nach dem Spiel gefragt. „Vielleicht“, antwortete der Trainer, „wenn ich nichts anderes zu tun habe.“

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