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Sport: Die Welt zu Gast in Kreuzberg

Klinsmann wirbt für die Straßenfußball-WM 2006

Berlin Von wegen das Spiel ist aus. Jürgen Klinsmann entscheidet anders. „Es geht weiter, auf geht’s, Jogi!“ Schließlich sind die normalen Fußballregeln hier außer Kraft gesetzt. Der Straßenfußball hat eigene Gesetze und das Projekt streetfootballworld sowieso. Jogi, das ist der Joachim Löw, Klinsmanns Assistent als Bundestrainer. Auf dem kleinen Bolzplatz in der Kreuzberger Körtestraße steht es 3:6 gegen „den Jürgen“. Eigentlich ist jetzt Schluss. Aber Jürgen Klinsmann will trotz seines operierten Knies „bis zehn“ weiterspielen. Der Mann ist halt ehrgeizig. Und verliert am Ende doch 8:10.

Aber man kann das auch als faire Geste des Bundestrainers werten, schließlich geht es hier nicht um die Nationalmannschaft, sondern um die Straßenfußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006. Jürgen Klinsmann, Joachim Löw und Bundesinnenminister Otto Schily sind am Samstagmittag gekommen, um das Projekt in Berlin vorzustellen. Im Herzen Kreuzbergs, am Mariannenplatz, haben die drei Kreuzberg symbolisch zum „WM-Kiez“ ernannt. Die Kreuzberger Bürgermeisterin Cornelia Reinauer sagt: „Es gibt keinen besseren Ort für diese wunderbare Idee.“

Die Idee geht so: Man schaffe eine Plattform, auf der sich Fußball-Straßenprojekte in aller Welt austauschen können, und lade sie zur Fußball-WM nach Deutschland ein. Der Initiator, unterstützt vom Bundestrainer, heißt Jürgen Griesbeck und ist so eine Art Erfinder dieser Form von Straßenfußball. Erstmals praktiziert wurde das Experiment in Kolumbien, als „futbol por la paz“ (Fußball für den Frieden), bis Griesbeck es mit Hilfe des Bundesjugendministeriums nach Brandenburg und weiter in alle Welt exportieren durfte. Brandenburg, das muss man herausheben, war anfangs das einzige Bundesland, das sich bereit erklärte, das Griesbeck-Konzept umzusetzen.

Uwe Koch, der brandenburgische Projektleiter, sagt: „Anscheinend haben einige in Deutschland gedacht, wir als Fußball-Land müssen uns nicht ausgerechnet eines Projekts aus Kolumbien annehmen.“ Brandenburg tat es doch, der Schwerpunkt der Arbeit lag dabei auf der Bekämpfung von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. 500 000 Euro steckte Potsdam hinein. Heute, wenige Jahre danach, ist das Projekt längst wissenschaftlich evaluiert und für erfolgreich befunden worden: Mehr als 3000 Jugendliche beteiligen sich derzeit. Brandenburg ist ein wichtiger Katalysator für streetfootballworld und initiierte Projekte in Schottland, Estland, Slowenien und Polen.

Darauf setzen Klinsmann und Griesbeck: Eigenverantwortung. Und deshalb bestimmt auch jeder seine Statuten. Bei den einen spielen immer mindestens zwei Frauen mit, die auch das erste Tor schießen müssen. Allein, um die Kommunikation untereinander zu fördern. In Israel wiederum spielt ein gemischtes Team aus Palästinensern und Israelis – und wurde Meister im Hallenfußball. In England gibt es Zusatzpunkte für Pünktlichkeit und Sauberkeit, und in Kenia für das Müllsammeln, das direkt die Tabelle beeinflusst.

Berlin wird bei der Straßenfußball-WM viele dieser Projekte kennen lernen. 24 Teams aus fünf Kontinenten. Sie sollen in einem extra dafür gebauten Containerstadion spielen, mitten auf dem Mariannenplatz. Nach ihren Regeln.

www.streetfootballworld.org

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