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Sport: Die Wildsau in meiner Kurve

Neulich war mir langweilig und ich schaute mir eine Videokassette mit alten Sportschau-Ausschnitten aus vergangenen Dekaden an. Das ist immer sehr amüsant, schon allein wegen der kargen Studiodekorationen, in den achtziger Jahren hing ja oft hinter den Moderatoren eine lustlose Gardine herum.

Neulich war mir langweilig und ich schaute mir eine Videokassette mit alten Sportschau-Ausschnitten aus vergangenen Dekaden an. Das ist immer sehr amüsant, schon allein wegen der kargen Studiodekorationen, in den achtziger Jahren hing ja oft hinter den Moderatoren eine lustlose Gardine herum. Lustiger noch waren jedoch die Spielberichte. Damals flitzten nämlich noch keine Kameramänner am Spielfeldrand auf und ab, beim Begriff „Superzeitlupe“ wäre Moderator Hans-Joachim Rauschenbach wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen und auch die Floskel „Die nachfolgende Ecke brachte nichts ein“ war noch nicht verboten.

Besonders fremdartig wirken die Sportschau-Spielberichte heute, weil sie von etwas begleitet werden, was es heute nicht mehr gibt, vom nervtötenden Dauerdröhnen der Gasdruckfanfaren nämlich.Diese Fanfaren waren in den Achtzigern schwer in Mode. Acht Mark kostete eine Dose voll mit FCKW und einer roten Hupe oben drauf. Ein kurzer Knopfdruck, schon entfuhr dieser Hupe ein dumpfes Röhren, eine Mischung aus hungrigem Wildschwein und Containerschiff bei der Einfahrt in den Hafen. Jeder Fan, der was auf sich hielt, klemmte sich vor dem Spiel die Fanfare hinter den Gürtel. Wer hingegen mit einer herkömmlichen Fahrradhupe ankam, wurde hämisch ausgelacht.

Im Stadion wurde dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit gehupt. Bei Freistößen, Eckbällen, Auswechslungen – immer reckten wir die Dose in die Luft und ließen die Hupe flattern. Sehr cool! Und wenn gerade auf dem Rasen partout nichts passieren wollte, hielten wir die Fanfare auch gerne mal ans Ohr des Nachbarn und drückten ab. Die HNO- Ärzte der Republik lebten gut von solchen Scherzen.

Mitte der Achtziger war dann alles vorbei. Das FCKW in unseren Hupen war schuld am frisch entdeckten Ozonloch. Wer nun noch mit eine Gasdruckfanfare ins Stadion kam, wurde ungefähr so freundlich gemustert, als habe er einen Knüppel zur Robbenjagd dabei. Wir ließen das bald sein. Heute dröhnen die Gashupen nur noch in osteuropäischen Ländern. Und auf meiner Videokassette.

schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Stefan Hermanns.

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