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Armzug um Armzug. Paul Biedermann nähert sich bei der Schwimm-WM in Schanghai der Bronzemedaille über 400 Meter Freistil. Foto: dapd

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Sport: Die zwei Seiten der Bronzemedaille

Schwimm-WM: Paul Biedermann freut sich über Platz drei, Britta Steffen mit der Staffel nicht wirklich

Sun Yang war den Blumenstrauß schnell wieder los. Kaum war der Chinese bei der WM im eigenen Land nach der Siegerehrung für die 400-Meter-Freistilschwimmer von seinem Podest herunter, forderten die Zuschauer im Shanghai Oriental Sports Center lautstark die Blumen, die der Silbermedaillengewinner in den Händen hielt. Das feiernde Volk auf den Rängen bekam, was es begehrte – und Suns Kollegen, der frisch gebackene Weltmeister Park Tae Hwan aus Südkorea und der Weltmeister aus dem Vorjahr, Paul Biedermann, hatten erst einmal ihre Ruhe.

Im Becken ist Biedermann keine Ruhe mehr vergönnt, seit der 24-Jährige bei der WM 2009 in Rom acht Bahnen Kraul in seinem High-Tech-Anzug in Weltrekordzeit herunterdonnerte. Sogar die Fabelzeit der australischen Schwimm-Ikone Ian Thorpe unterbot er an jenem Tag. An diese traumhafte Zeit kommt Biedermann nicht mehr heran, seit die Anzüge wieder verboten sind. Doch auch Platz drei in Schanghai auf seiner Nebenstrecke als bester Europäer konnte ihn zufrieden stellen: „Das war bislang meine schönste Bronzemedaille – und mein Weltrekord hat auch gehalten.“

Und Biedermann war mutig genug, laut nachzudenken: „Vielleicht hat mir der Anzug mehr geholfen als den anderen Jungs.“ Jener Superanzug mit dem immensen Auftrieb, in dem nicht mehr geschwommen werden darf. Jetzt wird wieder oben ohne und in knielangen Hosen geschwommen, so genannten Jammers – und immerhin: Schneller geschwommen als am frühen Sonntagabend in China ist Biedermann in Jammers noch nie. „Nach dem Vorlauf war die Erleichterung schon sehr groß“, sagte er. Erst auf der vorletzten Bahn schoss Biedermann vom siebten auf den zweiten Platz vor – was allerdings einen simplen Grund hatte: „Nach 250 Metern habe ich gemerkt, dass Park sein eigenes Ding da vorne macht und der Weltmeistertitel weg ist. Also habe ich mich auf den Zweikampf mit Sun Yang konzentriert.“

Noch wilder wird es ab heute in seiner Lieblingsdisziplin zugehen: Über 200 Meter Freistil, Biedermanns zweiten Weltrekordstrecke, stehen am Montag die Vorläufe und Halbfinals an, ehe es am Dienstagabend um die Medaillen geht. „Ich bin jetzt ein bisschen sicherer. Aber ich muss das Rennen schnell angehen, damit ich überhaupt ins Finale komme“, sagte er. Er will nun wenigstens seinen zweiten WM-Titel von Rom verteidigen.

Auch Britta Steffen will einen weiteren WM-Titel holen: Allerdings war die 27-Jährige nach der 4x100-Meter-Freistilstaffel, bei der Deutschland Bronze holte, über ihre eigene Leistung derart erschüttert, dass sie ihr eigenes Leistungsvermögen für die bevorstehende Woche in Schanghai kaum einschätzen kann. Wie stark wird sie sein im Einzel über 100 Meter Freistil, bei dem für Donnerstag Vorläufe und Halbfinals terminiert sind? „Entweder wird’s super – oder ich brauche zwei Wochen, um das hier zu verdauen“, sagte Steffen, nachdem sie den Kolleginnen Silke Lippok, Lisa Vitting und Daniela Schreiber als Startschwimmerin in indiskutablen 54,51 Sekunden einen schlechten Start beschert hatte.

Immerhin über den dritten Platz hinter den Niederlanden und den USA war Steffen glücklich. „Ich freue mich über Bronze, aber ich bin sehr enttäuscht von meiner Zeit. Denn selbst an einem schlechten Tag müsste ich eigentlich unter 54 Sekunden schwimmen“, sagte die Doppel-Olympiasiegerin von Peking – und zog einen Vergleich im Bezug auf ihre überraschend schwache Leistung. „Die Umstellung von einem Super-Auto zurück zu einem Trabi ist schwierig“, sagte sie. „Das ist gerade Britta Steffen, Britta Steffen ist gerade nicht mehr als ein Trabi.“

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