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Robert Harting

© dpa

Diskuswurf: Auch Clowns können weit werfen

Der Berliner Diskuswerfer Robert Harting hat seine Rolle gewechselt und ist besser als je zuvor.

Berlin - Robert Harting würde sogar „als Riesentomate auftreten“, damit hätte er keine Probleme. Die Leute, sagt er „sollen doch auch lachen“. Das Ganze natürlich am Strand, damit richtig Party-Stimmung herrscht. Und irgendwo, mitten im Sand, ein Diskusring, in den dann die deutschen Spitzenwerfer stapfen. Alle verkleidet, Harting etwa als Tomate. Ein Diskuswerfer-Meeting mal anders. „Man muss doch die Disziplin auch mal richtig vermarkten“, sagt Harting.

Er hat in Schönebeck am 10. Juni 66,93 Meter geworfen, er ist der derzeit beste deutsche Diskuswerfer. Wenn einer wie er den Clown spielen kann, dann können die anderen das doch auch. Denkt er jedenfalls. Der 22-Jährige vom SC Charlottenburg hat noch mit keinem Kollegen gesprochen, das Meeting ist für ihn einfach eine gute Idee. Eine kuriose, wenn man Harting sieht. Er ist 2,02 Meter groß, wiegt 135 Kilogramm, und wenn er mit stampfenden Schritten durch die Werferhalle im Sportforum Berlin-Hohenschönhausen sprintet, bebt der Boden.

Die Nachricht hinter der Idee ist gar nicht mal das Strand-Meeting selber, Harting signalisiert damit vor allem, dass er entspannt ist. Er ist so locker, wie es sein Sport erlaubt. Mit dieser Lockerheit hat er die 66,93 Meter geworfen. Das war persönlicher Rekord und deutsche Jahresbestleistung zugleich. „Ich habe da einfach durchgezogen“, sagt Harting. Mit dieser Einstellung will er am Wochenende beim Europacup in München mindestens 65 Meter werfen. „Damit hätte man Platz eins oder zwei sicher.“ Es war nicht einmal besonders schwer, sich für München zu qualifizieren. Lars Riedel, der 39 Jahre alte fünfmalige Weltmeister, hat verletzt die Saison abgebrochen, und Michael Möllenbeck kam in dieser Saison erst auf 64,68 Meter.

Harting ist es überaus wichtig, dass er wieder Spaß hat. Er kennt sich auch anders. Der 22-Jährige hört auf, mit dem Verschluss einer Plastikflasche zu spielen, als er anfängt, über diesen Robert Harting zu reden. „Ich war extrem verbissen und extrem egoistisch und rücksichtslos. Ein richtiger Idiot. Ich hasse diesen Menschen.“

Es war die Zeit, als er bei Bundestrainer Jürgen Schult trainierte, von Herbst 2004 bis Februar 2006. Er hatte „aus einem Bauchgefühl“ seinen Trainer Werner Goldmann verlassen. Er war das große Talent, er wollte nach ganz oben. Schwer zu sagen, ob es an Schult lag oder an der eigenen Übermotivation, auf jeden Fall veränderte er sich. Alles sollte jetzt professioneller werden. „Diskuswerfen wurde zum Beruf“, sagt Harting. Er konzentrierte sich verbissener als notwendig auf vordere Platzierungen, und er änderte seinen Auftritt. Harting schritt mit gefrorenen Gesichtszügen in den Ring, er animierte keinen Zuschauer zum Klatschen, er ignorierte seine Gegner. Er spielte den abgebrühten Siegertypen. Aber er war 21, keiner nahm ihn ernst in dieser Rolle, und bald merkte er selber, dass er nicht authentisch war. Er warf unter Schult 66,02 Meter, aber er verlor seine Identität.

Im Februar 2006 kehrte zu Goldmann zurück. Im Grunde war seine Rückkehr eine Entschuldigung. Bei seinem ersten Wettkampf entlud sich die ganze Anspannung. Harting warf 65,26 Meter, aber danach begann er die Vergangenheit zu verarbeiten. In der ganzen Saison brachte er keinen vernünftigen Wurf zustande.

Er hat einen Schnitt gemacht, diese Saison ist ein Neuanfang. „Ich bin richtig weitengeil“, sagt Harting. Im Training hat er schon 67 Meter geworfen. Aber ausgerechnet jetzt fällt Riedel aus. „Schade“, sagt Harting. „Ich wäre gerne mit ihm und Möllenbeck zur WM gefahren.“ Vor allem aber ist „Riedel ein Typ“. Wenn er bei Meetings fehlt, sagt Harting, „kommen weniger Zuschauer“. Er selber zieht sie noch nicht, die Fans.

Schon deshalb hofft der 22-Jährige, dass der fünfmalige Weltmeister wieder zurück kommt. Er braucht ihn als Zugnummer für sein Spezialprojekt. „Denn irgendwann“, sagt Harting, „werde ich das Meeting am Strand organisieren.“

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