zum Hauptinhalt
Großes Trara um Wada und Nada: Eisschnellläuferin Claudia Pechstein.

© dpa

Doping-Affäre: Pechstein greift die Nada an

Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein äußert heftige Vorwürfe gegen die Nada. Die "Causa-Erfurt" habe nur zum Thema werden können, "weil die Nada versagt hat", sagt Pechstein.

In der Doping-Affäre um den umstrittenen Erfurter Sportmediziner Andreas Franke hat Claudia Pechstein schwere Vorwürfe gegen die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada erhoben. Die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin aus Berlin unterstellt in einem auf ihrer Homepage veröffentlichen Beitrag dem Gremium, Informationen verschleppt und damit das Ansehen des deutschen Sports national wie international beschädigt zu haben. „Die ganze sogenannte 'Causa Erfurt' konnte in meinen Augen lediglich zu einem solch gewaltigen Thema hochstilisiert werden, weil die Nada versagt hat“, erklärte Pechstein.

Die Anti-Doping-Agentur wies die Vorwürfe am Sonntag entschieden zurück. „Die veröffentlichten Dokumente geben die fortlaufende Kommunikation zwischen Nada und Wada nur bruchstückhaft wieder und provozieren bewusst Fehlinterpretationen“, erklärte die Nada-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn die Wada am 1.1. 2011 expliziert auflistet, dass die UV-Behandlung von Blut verboten ist, dann heißt dies im Umkehrschluss nicht, dass sie vorher erlaubt war“, bekräftigte die Nada-Chefin.

Eigenblutbehandlung - ob mit oder ohne UV-Bestrahlung - ist bereits seit 2005 laut Wada-Reglement verboten. Dies stellte der Sportmediziner Jürgen Steinacker in einem Kommentar für die ARD-Sportschau fest. „Seit 2005 ist die Behandlung von Blut oder Blutbestandteilen, seien sie aus eigenem oder fremden Blut hergestellt, grundsätzlich verboten“, erklärte der Professor am Universitätsklinikum Ulm.

Die unzulässige Methode sei laut Steinacker in Abschnitt M1.1 der Wada-Verbotsliste (Prohibited list) aufgeführt. „Dabei gilt jede Entnahme von Blut und eine Wiedereinbringung in die menschliche Blutbahn als Doping, wenn sie rote Blutzellen enthalten“, sagte Steinacker.

Laut Pechstein habe die Nada im Januar 2010 eine Anfrage an die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada gestellt und nach einer Einschätzung zur UV-Behandlung von Eigenblut gefragt. In einer von der Sportlerin nun veröffentlichten Mail der Nada an die Wada vom 25. April 2011- allerdings mit geschwärzten Stellen - habe der Research Manager der Wada klargestellt, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen Grund zur Annahme gäbe, „dass dies und ähnliche Methoden Doping darstellen ...so lange sie keine verbotenen Substanzen injizieren und solange sie keine Mengen von mehr als 50 ml reinjizieren.“ Die 39-jährige Berlinerin monierte in drastischer Wortwahl, dass diese Information von der Nada gegenüber den Ermittlern der Staatsanwaltschaft Erfurt nicht deutlich gemacht worden sei.

Die Behörden ermitteln gegen Franke, weil sie einen „Anfangsverdacht der unerlaubten Anwendung von Arzneimitteln bei anderen zu Dopingzwecken“ vermuten. Franke hat nach eigenen Angaben das Blut zahlreicher Athleten einer UV-Behandlung unterzogen, angeblich, um damit Infekten vorzubeugen.

Pechstein reklamierte weiter, dass aufgrund der Änderung des Regelwerks der Wada „von den angeblich 30 Fällen der UV-Bestrahlung in Erfurt maximal die verboten gewesen sein, die nach dem 1. Januar 2011 festgehalten“ wurden. „Die Nada hat seit der Wada-Erklärung scheinbar 13 Monate die Hände in den Schoß gelegt“, kritisierte die Athletin. „Wie sollte ein Athlet, ein Funktionär oder ein Mediziner im Jahre 2010 oder früher davon ausgehen, dass die UV-Bestrahlung von Blut verboten sein könnte, wenn selbst die Wada die Methode nicht beanstandet hat“, fragte Pechstein.

Die Nada kündigte auf dpa-Nachfrage an, weitere mögliche Schritte gegen Sportler, die auf der „Erfurter Liste“ stehen, erst zu unternehmen, wenn es Klarheit in den laufenden Disziplinar-Verfahren gebe. Laut Medienberichten sollen diese Verfahren gegen Eisschnellläuferin Judith Hesse und Radsportler Jakob Steigmiller anhängig sein.

„Wir haben zwei Verfahren eingeleitet und erwarten die abschließende Interpretation der Regel durch das Sportschiedsgericht“, sagte Andrea Gotzmann und führte aus: „Das Zeitfenster liegt nicht an uns. Jetzt kommt es auf den Abschluss der staatsanwaltschaflichen Untersuchungen an.“ Die Nada als Verfahrenspartei werde auch weiterhin „zum Stand der Ermittlungen nichts sagen und weder Namen noch Details aus Ermittlungsunterlagen kommentieren.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false