zum Hauptinhalt
Jan Ullrich

© ddp

Doping bei der Telekom: Wann fällt Ullrich?

Jeff d'Hont, der Jan Ullrich und dem Ex-Telekom-Manager Godefroot planmäßiges Doping vorgeworfen hat, bleibt bei seiner Aussage und will es auf einen Prozess ankommen lassen. Unter Eid würde noch "viel mehr rauskommen", orakelt d'Hont.

Jan Ullrich wurde erneut schwer belastet, Rolf Aldag vom BKA vernommen und Walter Godefroots Äußerungen sind allseits auf Skepsis gestoßen: Die Aufarbeitung der Vergangenheit des Telekom-Teams kommt aus dem Anfangsstadium nicht heraus. Der ehemalige Telekom-Betreuer Jef d'Hont, dessen Enthüllungsbuch die Welle der wohl temperierten Geständnisse von Fahrern und Ärzten bis zur Verjährungs-Grenze ins Rollen brachte, erklärte in den ARD-"Tagesthemen": "Jan hat Epo und Wachstumshormone genommen, hundert Prozent". Ullrichs Manager Wolfgang Strohband wollte sich dazu zunächst nicht äußern - das selbst auferlegte Schweige-Gelübde des Ullrich-Clans hält offenbar noch.

Walter Godefroots Pressekonferenz mit bildhafter Symbolik in Gent brachte kaum Erhellendes. Als der Ex-Manager seine Erklärung zum Thema Doping abgab, saß er vor einem großflächigen Gemälde einer Dschungellandschaft. Doch das Dickicht der Doping-Machenschaften im Radsport konnte oder wollte der Belgier nicht entflechten. Seine Behauptung, er habe von Doping-Praktiken in seiner Mannschaft nichts gewusst, stieß weitgehend auf Skepsis.

"Er hat es nicht wissen wollen, bewusst oder unbewusst"

"Ein guter Chef sollte wissen, was in seinem Laden vorgeht", sagte der ehemalige Telekom-Profi und heutige Sportdirektor des T-Mobile-Teams, Rolf Aldag, der stundenlang vom Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden verhört worden war. "Er hat es nicht wissen wollen, ob bewusst oder unbewusst." Aldag hatte kürzlich wie sechs weitere Fahrer des damaligen Teams, darunter auch Erik Zabel und der Toursieger von 1996, Bjarne Riis, gestanden, sich in den 90er Jahren mit Epo gedopt zu haben. Die Organisatoren der Weltmeisterschaften von Stuttgart haben Zabel als "WM-Botschafter" vorerst auf Eis gelegt.

"Ich werde jetzt hier keine Aussage zu meiner Aussage machen. Es ging um den Radsport im Allgemeinen und dazu gehört auch das Thema Ullrich", sagte Aldag - zur Zeit mit fünf Tour-Kandidaten im Pyrenäen-Training - über seine BKA-Vernehmungen. Er habe Doping-Systematiken erklärt, "auch im Detail". Die Beamten in Wiesbaden wurden auch tätig im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bonn, die gegen Ullrich wegen Betrugs ermittelt.

Godefroot will gegen d'Honts "Lügen" klagen

D'Hont hatte in seinem Buch behauptet, Godefroot habe den systematischen Medikamenten-Missbrauch organisiert und für die Dopingmittel Geld kassiert. Der von Godefroot angekündigten Klage sieht der Ex-Betreuer gelassen entgegen. "Wenn das vor Gericht kommt, wird jeder aus der Mannschaft von damals unter Eid darüber sprechen müssen, was damals war. Und dann kommt noch mehr raus", sagte d'Hont in den ARD-"Tagesthemen".

Unterdessen gerät auch der ehemalige Präsident des Radsport-Weltverbandes UCI, Hein Verbruggen, in Erklärungsnot. Godefroot hatte behauptet, im Winter 1996, wenige Monate nachdem der damalige Team-Kapitän Bjarne Riis überraschend die Tour de France vor seinem damals 22 Jahre alten Teamkollegen Ullrich gewonnen hatte, bei Verbruggen in Sachen Epo vorgesprochen zu haben. Auf die Frage, ob er damals konkrete Fahrer in Doping-Verdacht gehabt hätte, erklärte Godefroot: "Ich hatte meine Vermutungen." Diese habe er gegenüber der UCI auch geäußert. Nachgegangen ist der Dachverband diesen konkreten Anschuldigungen aber offenbar nicht. Ob er auch Fahrer aus dem eigenen Team verdächtigt habe, wollte Godefroot nicht sagen.

Godefroot will nichts von Fuentes-Aktivitäten gewusst haben

Anders als beim Epo-Doping Mitte der 90er Jahre will Godefroot von den Machenschaften des spanischen Gynäkologen Eufemiano Fuentes nicht einmal etwas geahnt haben. "Die Sache hat mich auch überrascht", sagte er in Gent. Fuentes gilt als mutmaßlicher Drahtzieher eines europaweit operierenden Dopingnetzwerks. Bei einer Razzia in seinen Räumen in Madrid wurden im Mai 2006 Dopingmittel und Blutkonserven sichergestellt. Neun Blutbeutel wurden inzwischen per DNS-Abgleich Ullrich zugeordnet.

Dass der Radsport angesichts der Enthüllungen der letzten Monate an Glaubwürdigkeit verloren hat, glaubt Godefroot nicht. "Der Radsport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Nicht besser und nicht schlechter", sagte er. Auch er selbst fühle sich nicht schuldig: "Wir leben nicht in einer heilen Welt". Godefroot: "Es ist wie bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Wenn alle wissen, dass nicht kontrolliert wird, hält sich keiner dran." (mit dpa)

Andreas Zellmer, Michael Ostermann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false