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Sinkewitz

© dpa

Doping: Schatten auf der Zukunft

Gibt es einen Neuanfang im Radsport mit altem Personal? Diese Frage diskutiert jetzt Sponsor T-Mobile.

Berlin - Früher war alles schlechter. Zumindest im Radsport, und zumindest wenn es nach denen geht, die weitermachen wollen beziehungsweise müssen und deshalb versuchen, glaubwürdig einen Neuanfang zu verkörpern. Die Vergangenheit und das Schlechte wollen sie dabei möglichst schnell und weit hinter sich lassen, denn sie können die Zukunft und die Gegenwart gefährden. Wie beim T-Mobile-Team, dem vom Hauptsponsor in der größten Krise der Vertrag verlängert wurde, das nun aber wegen neuer Details aus der Vergangenheit um diesen Vertrag wieder fürchten muss.

Die Aussagen des geständigen Dopers und ehemaligen T-Mobile-Profis Patrik Sinkewitz über Eigenblutdoping auch in jenen Tagen, in denen Jan Ullrich bei der Skandal-Tour 2006 suspendiert worden war, werfen ein neues Licht auf das Ausmaß des Dopings in jüngerer Vergangenheit. Doch in der Lesart des neuen Managements im Rennstall gehören die Vorfälle von vor 16 Monaten zu der Ära, die vor die große Zeitenwende und den radikalen Kurswechsel fällt.

Der Sponsor aber bewertet, ob sich das Engagement positiv auf das Image auswirkt und der Anti-Doping-Kampf in der Öffentlichkeit als Kampf der Guten gegen die Bösen wahrgenommen wird. Der Rennstall versucht diesen Imagewandel auch mithilfe geläuterter Sünder wie dem Teammanager Rolf Aldag zu erreichen, hinzu kommt der gescheiterte Versuch, den ebenfalls geständigen Erik Zabel als Galionsfigur zurückzuholen. Zudem hält Generalmanager Bob Stapleton die Rückkehrer der Kronzeugen des deutschen Radsports, Patrik Sinkewitz und Jörg Jaksche, prinzipiell für möglich und verpflichtete als Anführer für die vielen jungen Fahrer George Hincapie, einen langjährigen treuen Helfer von Lance Armstrong.

Genau diese Taktik des Neuanfangs mit altem Personal könnte nun dazu führen, dass der Sponsor des größten und erfolgreichsten deutschen Radrennstalls doch nicht weitermachen will. Die Entscheidung darüber, ob Sinkewitz’ Aussagen zum entscheidenden Vertrauensverlust beim Sponsor führen, trifft der Vorstand des Mutterkonzerns Telekom. Bob Stapleton war gestern darum bemüht, die Vergangenheit von der Gegenwart zu trennen. „Das Geständnis von Patrik Sinkewitz und die Ausführungen in den jüngsten Medienberichten unterstreichen, dass der Schnitt, den T-Mobile 2007 im Team-Management vollzogen hat, notwendig war und dass wir unseren Weg im Anti-Doping-Kampf weitergehen müssen“, hieß es in einer Erklärung von Stapleton. Obwohl das derzeitige Management keine Verantwortung für das T-Mobile-Team vor der Übernahme Ende des Jahres 2006 trage, habe man Akteneinsicht der Aussagen von Sinkewitz beim Bund Deutscher Radfahrer und der Staatsanwaltschaft beantragt.

Die Entscheidung des Sponsors wird zeigen, ob dieser Ansatz der Vergangenheitsbewältigung durch Aufarbeitung bei weiter normal laufendem Betrieb für eine Zukunft ausreicht. „Das ganze alte System im Radsport ist Lug und Trug. Es ist krank, fördert Doping und wird es weiter fördern. Es wird nur an den Strukturen festgehalten und gehofft“, sagt Gert Hillringhaus. Der Trainer verfolgt beim Radsportteam Lübeck einen völlig anderen Ansatz, er will den Nachwuchs in seinem ambitionierten Projekt von einem Radsport ohne Doping überzeugen. „Wir haben T-Mobile eine konzeptionelle Zusammenarbeit bei der psychologischen Schulung des Nachwuchses angeboten, die wollten aber letztlich nicht“, sagt Hillringhaus. Seiner Meinung nach müsste der Profiradsport sein komplettes Personal auswechseln, um wieder glaubwürdig sein zu können, auch die aktuelle Generation der mit großen Hoffnungen beladenen Jungprofis sei schließlich im System groß geworden. Und dass Erik Zabel in Schulen gehen soll, um selbst als warnendes Beispiel zu dienen, hält er für fatal. „Es ist gut, Drogensüchtige in der Prävention einzusetzen. Sie dürfen aber vorher keine Vorbildfunktion gehabt haben, das ist ein falsches Zeichen.“

Auch Sponsor T-Mobile wird so oder so ein Zeichen setzen.

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