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Pechstein

© dpa

Dopingverdacht: Fall Pechstein: Quarantäne im Sterne-Hotel

Wie Claudia Pechstein die Dopingvorwürfe klären könnte - ein Szenario, das einen Haken hat.

Berlin - Nein, sagt Manager Ralf Grengel, es gebe keine Auskunft. Weder von ihm noch von seiner Klientin Claudia Pechstein. „Sie wird sich auf einer Pressekonferenz in absehbarer Zeit äußern“, sagt der Manager der für zwei Jahre wegen Dopings gesperrten Eisschnellläuferin, zurzeit gelte ein selbstverordneter Pressestopp. Oder besser, er gilt zumindest für die Antwort auf eine Forderung, die der Dopingexperte Fritz Sörgel im Tagesspiegel gestellt hat.

Der Pharmakologe hatte vorgeschlagen, dass sich Pechstein in eine mindestens zweiwöchige Quarantäne begeben sollte. Damit könnte herausgefunden werden, ob die hohen Retikulozytenwerte tatsächlich eine genetische Ursache haben – wie es die fünfmalige Olympiasiegerin behauptet. Oder ob Doping als Erklärung in Frage komme. „Wir äußern uns zur Quarantäne nicht“, sagt Grengel. Zu anderen Dingen schon. „Wenn die Blutwerte meiner Dopingkontrollen falsch interpretiert werden, muss ich mich zu Wort melden“, schreibt Pechstein auf ihrer Homepage.

Für Pierre Eduard Sottas ist der Fall klar: Die Eisschnellläuferin habe gedopt. Sottas leitet das Labor der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in Lausanne, er ist aber vor allem ein Biostatistiker. Nach Ansicht von Dopingexperten hat Sottas weltweit das wissenschaftlich hochwertigste Modell für die Analyse von Blutprofilen entwickelt.

Inzwischen hat die Nationale Anti-Doping-Agentur Blutwerte von Claudia Pechstein der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) für Analysen zur Verfügung gestellt. Sörgel hatte gefordert, dass die Nada die Blutdaten aller Sportler einem unabhängigen Statistiker für weitere Modellberechnungen zur Verfügung stellen sollte. „Das wird noch geprüft“, sagt Nada-Sprecherin Ulrike Spitz. Allerdings kennt Sörgel auch die Grenzen von Modellberechnungen. „In der Medizin ist nichts hundertprozentig.“ Deshalb hat er die Quarantäne ins Spiel gebracht. Mindestens zwei Wochen lang solle sich Pechstein unter Aufsicht testen lassen. „Wenn die ungewöhnlich hohen Retikulozytenwerte runtergehen und es keine Ausschläge nach oben gibt, ist der Fall klar. Dann wird es eng für Claudia Pechstein.“

Die müsste für eine Quarantäne nicht in einem Labor verschwinden. „Die Tests könnte man unter den Bedingungen eines Fünf-Sterne-Hotels machen“, sagt Sörgel. Sie könnte auch weiter trainieren. Jeden Tag aber würden Werte gemessen. Entweder senkt sich die Prozentzahl der Retikulozyten täglich leicht ab und erreicht irgendwann einen tiefsten Wert. Wenn sich dieser Wert über mehrere Tage – drei oder vier – hinweg nicht ändert, hat man den Grundwert an Retikulozyten.

Der Pharmakologe sieht auch die Nada stärker in der Pflicht. Alle Werte, welche die Nada je bei Pechstein ermittelt habe, müssten – zusammen mit allen von der Nada je bei Sportlern erhobenen Werte – an einen weiteren unabhängigen Statistiker weitergeleitet werden. Werte aus deutschen Laboratorien dürften zudem untereinander besser vergleichbar sein, als wenn die Daten aus mehreren Ländern kommen. „Das zeigen unsere Studien mit Epo und seine Wirkung auf die Retikulozyten ganz eindeutig“, sagt Sörgel.

Die Nada kann eine Quarantäne allerdings nicht anordnen. „Das muss die Athletin entscheiden“, sagt Spitz. Die Sportlerin hätte damit eine Chance, sich zu entlasten – wenn die Retikulozytenwerte auch unter diesen Bedingungen hoch bleiben. Dann hätte sie den Nachweis für eine Anomalie. Tiefe Werte hingegen würden gegen sie sprechen. Wie lange die Quarantäne dauern muss, hängt davon ab, wann Pechstein ihren Grundwert erreicht.

Soweit die Theorie. In der Praxis hat das Szenario einen Haken: Pechstein müsste permanent überwacht werden. „Wie bei einem Dopingtest, anders geht es nicht“, sagt Sörgel. Nur: Eine wochenlange 24-Stunden-Überwachung dürfte wohl kein Sportler akzeptieren.

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