zum Hauptinhalt

Jan Ullrich: Das Rad der Gerichte

Jan Ullrich hat immer betont, er habe in seiner Karriere niemanden betrogen. Doch laut BKA war der ehemalige Radprofi gedopt, deshalb droht ihm ein Verfahren wegen falscher eidesstattlicher Aussage.

Berlin - Seine Verfolger kann Jan Ullrich nicht so einfach abschütteln. Vor allem einen nicht, Werner Franke, Molekularbiologe und Anti-Doping-Aktivist aus Heidelberg. Der Streit zwischen beiden vor Gericht ist immer noch nicht beendet, und neben dieser Auseinandersetzung könnte nun ein weiteres Gerichtsverfahren auf den früheren Radprofi und Sieger der Tour de France zurollen.

Franke hatte in einem Interview erklärt, er besitze Dokumente, aus denen hervorgehe, dass Ullrich insgesamt 35 000 Euro an den Dopingarzt Eufemiano Fuentes gezahlt habe. Ullrich erwirkte daraufhin vor dem Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen Franke. Er erklärte eidesstattlich, dass er kein Geld an Fuentes gezahlt habe. Franke verlor auch vor dem Oberlandesgericht. Allerdings: Die Hauptverhandlung steht noch aus. „Ullrich wäre jetzt gut beraten, seine Anzeige zurückzuziehen“, sagt Frankes Rechtsanwalt Michael Lehner. „Es weiß ja nun jeder, was wirklich passiert ist.“

Allerspätestens seit dem vergangenen Wochenende, als der „Spiegel“ aus Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA) gegen Ullrich zitierte: 24 Termine von Ullrich in Madrid hatte das Bundeskriminalamt festgestellt. In Madrid arbeitete Fuentes. Ullrichs Entourage hatte in Flughafennähe ein Zimmer gemietet, das meist nur kurz bezogen wurde. Außerdem hatte Ullrich laut BKA 80 000 Euro an Fuentes überwiesen. Ullrich hatte immer wieder beteuert, nicht betrogen zu haben.

Anwalt Lehner möchte die Geschichte gern außergerichtlich beenden. „Ich würde ja gerne mit der Gegenseite konstruktiv in Verbindung treten“, sagt er, „aber es gelingt mir nicht.“ Ein Rechtsanwalt von Jan Ullrich war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Unklar ist allerdings, ob jetzt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Ullrich wegen falscher eidesstattlicher Versicherung ermittelt. Eine Entscheidung darüber soll noch „im Laufe dieses Jahres“ fallen, wie ein Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Ein neues Verfahren wegen Betrugs droht Ullrich nach den Ermittlungen des BKA jedoch nicht. „Dieses Buch ist seit einigen Monaten geschlossen“, sagt Lehner. „Die Staatsanwaltschaft wird es nicht mehr aufschlagen. Das mag man bedauern, aber es lässt sich nicht ändern.“ Das BKA hat in einer Schlussbilanz feststellt: „Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Beschuldigte Ullrich das Dopingsystem des spanischen Arztes Dr. Fuentes nutzte, um sich vertragswidrig mit leistungssteigernden Mitteln und Methoden auf seine Wettkämpfe vorzubereiten.“ Zu einem neuen Strafverfahren wird es dennoch nicht kommen. Denn die Staatsanwaltschaft Bonn hatte sich bereits vor einiger Zeit bereit erklärt, das Verfahren gegen Ullrich wegen Betrugs gegen eine Geldbuße von 250 000 Euro einzustellen. Dass Ullrich Kunde des Dopingarztes Fuentes war, darauf hatten ohnehin schon lange Zeit Indizien hingedeutet. „Damit ist in Bezug auf den Betrug alles abgehandelt“, sagt Lehner. Für die Justizbehörden seien die BKA-Erkenntnisse ohnehin nichts Neues, sie lägen ihnen schon länger vor. Deshalb gebe es für sie auch keinen neuen Sachstand.

Franke allerdings gibt seinerseits nicht auf. Er bereitet eine Klage gegen die Telekom vor. In einem Verfahren will er nachweisen lassen, dass die Telekom sehr wohl von Dopingpraktiken wusste. Die hat aber jedes Mitwissen stets bestritten. „Bei einem solchen Prozess könnten sehr interessante Dinge herauskommen“, sagt Franke. Ein Indiz sei die Abfindung von der Telekom an Ullrich, laut BKA waren das 250 000 Euro.Wofür? Als Schweigegeld, vermutet Franke. Ullrich könnte öffentlich erklären, dass sein früheres Team sehr wohl über Dopingpraktiken in der Mannschaft informiert worden sei. Die Telekom weist das jedoch zurück. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false