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Radsport: Doping-Kommission: Zwei weitere Mediziner genannt

Der Doping-Skandal um frühere Fahrer und Ärzte des T-Mobile-Teams bekommt neue Dimensionen. Nach Erkenntnissen der Doping-Untersuchungskommission des Universitätsklinikums Freiburg soll es beim ehemaligen Radrennstall jahrelang systematisches Doping gegeben haben.

"Angesichts der bislang vorliegenden Informationen erscheint es der Kommission schlüssig, dass von 1993 bis 2006 Fahrer des "Team Telekom" bzw. das "T-Mobile Team" von Ärzten der Abteilung Sportmedizin gedopt worden sind. Für den Zeitraum 1993 bis 2000 und 2006 ist dies aufgrund der vorliegenden Informationen evident", heißt es in einem Zwischenbericht. Neben dem geständigen Kronzeugen Patrik Sinkewitz sollen doch zwei weitere Profis während der Tour de France 2006 zum Dopen nach Freiburg gefahren sein.

Erik Zabel war nach Erkenntnissen der Kommission unter Vorsitz von Hans Joachim Schäfer bereits während der Tour de Suisse 1996 gedopt. "Auch Erik Zabel begann im Jahr 1996 während der Tour de Suisse eine dreiwöchige Epo-Kur", heißt es in dem Bericht. Der jetzige Milram-Sprinter hatte am 24. Mai 2007 eingeräumt, "kurz vor der Tour de France" 1996 Epo benutzt zu haben. Das sei aber ein einmaliger Test gewesen, den er am Ende der ersten Tour-Woche beendet habe. Die Tour de Suisse lief 1996 vom 11. bis zum 20. Juni. Die Tour de France begann am 29. Juni 1996.

"Zabel ist kein klassischer Doper"

Schäfer betonte, dass der Zwischenbericht keine neuen Vorwürfe gegen Zabel beinhalte. Dessen dreiwöchige Epo-Kur während der Schweiz-Rundfahrt 1996 widerspreche nicht dem, was Zabel bei seinem tränenreichen Geständnis eingeräumt hatte. "Das deckt sich absolut", sagte Schäfer. Der Radprofi aus Unna habe diese Kur gestanden - und nicht mehr. "Wahrscheinlich hat er auch nicht mehr gebraucht, weil er ein Sprinter ist. Zabel ist kein klassischer Doper", sagte Schäfer.

Neben Zabel beschäftigten sich die drei Kommissionsmitglieder Schäfer, Wilhelm Schänzer und Ulrich Schwabe unter anderen auch mit dem aktuellen Astana-Fahrer Andreas Klöden. "Im Jahre 2000 hat es eine Medikamentenlieferung an die Freundin von Andreas Klöden gegeben - eilig, über Nacht. Die Frachtkosten wurden gebucht über das Konto Dopingfreier Sport", sagte Schäfer. Der Doping-Jäger Werner Franke hatte gegen Klöden und weitere T-Mobile-Fahrer Strafanzeige wegen Betrugs erstattet. Franke ist davon überzeugt, dass "zwischen fünf und sieben" T-Mobile-Profis während der Tour 2006 an der Freiburger Universitätsklinik gedopt haben.

"Das waren namhafte Beträge"

Neben den geständigen und inzwischen entlassenen Medizinern Andreas Schmid und Lothar Heinrich sollen auch die beiden ehemaligen T-Mobile-Teamärzte Andreas Blum und Stefan Vogt Zahlungen erhalten haben. Die beiden Mediziner bestreiten die Vorwürfe. Vogt und Blum hätten angegeben, sie seien an den Doping-Praktiken nicht beteiligt gewesen, sagte Schäfer. Er erklärte: "Sie haben gar nichts bestätigt." Die Kommission gehe aber davon aus, "dass sie im Zusammenhang mit der Betreuung des Teams Telekom Geld vom Rennstall genommen" hätten. "Das waren namhafte Beträge", sagte Schäfer. Gegen Blum und Vogt erhob die Uni-Klinik Klage auf "Erstattung von unrechtmäßigen Einnahmen". Bewiesen sei, dass der frühere Magenta-Teamarzt Heinrich im vergangenen Jahr 120.000 Euro und 2006 insgesamt 60.000 Euro für seine Dienste erhalten habe.

Ein wesentliches Ergebnis der Arbeit der Kommission sei "die Aufdeckung der gängigen Praxis der Rennställe, die das Team betreuenden Ärzte zusätzlich und ohne Kenntnis des Universitätsklinikums zu entlohnen", heißt es in dem Bericht. Neben den vier genannten Freiburger Uni-Medizinern gebe es für die Verwicklung weiterer Ärzte keine Erkenntnisse. "Über das hinaus, was in dem Untersuchungsbericht steht, können wir keine weiteren Einzelheiten bekanntgeben", sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA) auf Anfrage.

Eine Verwicklung des langjährigen Olympia-Arztes Georg Huber in die Doping-Praktiken der Fahrer des Bonner Rennstalls ist nicht bewiesen. Der Freiburger Mediziner hatte Doping im Amateur-Bereich in den 80er Jahren eingeräumt. "Bei Huber wissen wir inzwischen, dass er noch länger mitgemacht hat", sagte der Klinikumsvorsitzende Matthias Brandis, der sich auf einer Pressekonferenz über die "kriminelle Energie" empörte.

"Rhein-Konvoi": Hinweise auf ein weiteres Fahrzeug

Die Kommission geht davon aus, dass außer Sinkewitz weitere ehemalige T-Mobile-Profis während der Tour 2006 zum Eigenblut-Doping nach Freiburg gefahren sind. "Das Ergebnis bislang ist, dass es noch zwei weitere Fahrer waren", sagte Schäfer. "Wir wissen inzwischen auch, dass am 1., 9. und 14. Juli Blut untersucht wurde - nicht nur von Patrik Sinkewitz, sondern auch von anderen Teamkollegen." Gerüchte über einen sogenannten "Rhein-Konvoi" hatte es zuletzt wiederholt gegeben. Sinkewitz hatte über sein eigenes Doping am Abend nach der ersten Etappe der Tour 2006 gesagt: "Es war kein anderer Fahrer in meinem Auto nach Freiburg dabei." Schäfer erklärte nun: "Es gibt den Hinweis, dass es noch ein weiteres Fahrzeug gab."

Die Experten-Kommission hatte seit Juni 2007 mit den früheren Magenta-Profis Rolf Aldag, Erik Zabel, Bert Dietz, Jörg Jaksche, Christian Henn und Sinkewitz gesprochen. Zudem erteilte der ehemalige Telekom-Masseur Jef D'Hont, dessen Schilderungen im "Spiegel" im Mai zur Geständnis-Welle der Fahrer geführt hatte, detailliert Auskunft.

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