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Sport: Doppel für den Frieden

Indien und Pakistan spielen zusammen Tennis

Nur wenige Tennisspieler sprechen gerne über ihre politischen Ansichten. Manche zieren sich, weil sie gar keine haben. Andere, weil sie Scherereien fürchten. Nur wenige sind so freimütig wie der serbische Weltranglistendritte Novak Djokovic, der ganz offen vom Balkankonflikt in den neunziger Jahren berichtet: „Ich bin erst 23 Jahre alt, aber ich habe schon zwei Kriege miterlebt.“ Schreckliche Erfahrungen wie diese scheinen nicht in die heile, glamouröse Tenniswelt zu passen. Dennoch haben sie etliche der jungen Spieler geprägt.

Im Angesicht einer massiven Krise sind auch Rohan Bopanna und Aisam-Ul-Haq Qureshi, beide 30 Jahre alt, aufgewachsen. Der eine, Bopanna, als Hindu und Sohn eines Kaffeeplantagenbesitzers im indischen Bangalore. Der andere als Moslem in der pakistanischen Metropole Lahore, direkt an der indischen Grenze. Trotz des blutigen Konflikts, der zwischen beiden Ländern seit 1947 um das Kaschmir-Gebiet ausgetragen wird, freundeten sich die beiden nach der ersten Begegnung bei einem Juniorenturnier an. „Seitdem wir 16 sind, sind wir die besten Freunde“, sagt Bopanna. Bei den US Open sind sie, wie bereits in Wimbledon, in gemeinsamer Friedensmission unterwegs.

„Stop War, start Tennis!“ Ihr Motto tragen sie vor ihren Matches als gut sichtbaren Schriftzug auf den Jacken. „Wenn wir uns verstehen, warum sollten es Inder und Pakistaner nicht auch können?“, fragt Bopanna. Bei den New Yorkern schien die Botschaft angekommen zu sein. Inder und Pakistaner feuerten die beiden gemeinsam von den Rängen an. „Das war ein wunderbarer Anblick“, sagte Qureshi. Im Viertelfinale und im Endspiel am Freitag saßen die UN-Botschafter, der Inder Hardeep Singh Puri und der Pakistaner Abdullah Hussain Haroon, nebeneinander auf der Tribüne – ein Novum. Zwar unterlagen Qureshi/Bopanna den topgesetzten amerikanischen Brüdern Mike und Bob Bryan mit 6:7 und 6:7, doch das Ergebnis wurde zur Nebensache. Die Botschaft des Friedensdoppels war auf großer Bühne vernommen worden, und so nutzte Qureshi sie noch für ein persönliches Anliegen: „Immer wenn ich seit dem 11. September nach Amerika komme, habe ich das Gefühl, viele sehen Pakistan als Land der Terroristen. Aber wir sind freundliche, nette Menschen, die den Frieden wollen wie ihr.“

In ihren Heimatländern sind Qureshi und Bopanna populärer denn je. Seitdem sie sich in den Top 40 etabliert haben, genießen sie neben den Cricket-Spielern den höchsten Bekanntheitsgrad. Qureshi hat in Pakistan einige Sponsoren gefunden. „Die Dinge beginnen sich zu ändern“, sagt er, „jeder kennt jetzt meinen Namen. Regierung und Verband werden aufmerksam.“ Vor acht Jahren hatte ihm der pakistanische Verband noch mit dem Rauswurf gedroht, weil er in Wimbledon mit dem Israeli Amir Hadad antrat.

Mittlerweile läuft die Aktion der beiden unter dem Schutz der Organisation „Peace and Sport“, deren Schirmherr Fürst Albert II. von Monaco ist. Noch vor Jahresende soll ein Benefizmatch an einem indisch-pakistanischen Grenzübergang stattfinden. Mit Bopanna und Qureshi auf vertauschten Seiten. „Wir haben den Premierminister und Präsidenten angeschrieben“, sagt Bopanna, „wir hoffen sehr, sie erlauben es.“

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