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Sport: Doppelt ermittelt

Wie Staatsanwälte nach dem Fälscher des Istaf-Faxes fahnden

Von Frank Bachner

Berlin. 90 Minuten saß Christoph Kopp in der Polizeistation Ruhleben. 90 Minuten lang sagte der Präsident des Berliner Leichtathletik-Verbands einem Beamten, was er über die Hintergründe des gefälschten Istaf-Faxes weiß. Dann war die Vernehmung beendet, und der Polizist lächelte. „Jetzt“, sagt er, „kann ich es Ihnen ja sagen. Ich bin früher mit Ihrer Tochter in die Schule gegangen.“ Das war ganz nett, täuschte aber nicht darüber hinweg, mit welchem Aufwand die Staatsanwaltschaft den Fälscher des Faxes sucht, der vor Vergabe der WM 2005 in Nairobi die Delegierten des Weltleichtathletikverbands aufschreckte. In dem Fax wurde fälschlicherweise behauptet, die Istaf GmbH, die das Leichtathletik-Meeting Istaf veranstaltete, sei insolvent, zudem sei Berlin als WM-Standort ungeeignet, weil sich weder Politik noch Wirtschaft um das Meeting kümmerten. Berlin verlor die Abstimmung, und mehrere Personen sowie der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) erstatteten Anzeige gegen Unbekannt. Die Kernvorwürfe: Urkundenfälschung, Betrug. Ob die Punkte juristisch zu halten sind, ist aber umstritten.

Der juristische Apparat begann zu arbeiten. Im Sommer wurden mutmaßliche Zeugen vernommen, drei Monate nach Eintreffen des Faxes in Nairobi. Und es gab Pannen. Weil bei verschiedenen Polizeidienststellen Anzeigen eingingen, ermittelten mehrere Beamte parallel. So wurde ein Istaf-Mitarbeiter gleich von zwei Polizeidienststellen kontaktiert und sollte als Zeuge befragt werden. Nur wussten die Beamten der einen Station erkennbar nichts von den Ermittlungen ihrer Kollegen aus einem anderen Revier. Der ersten Vorladung folgte der Istaf-Mitarbeiter, die zweite blockte er ab. „Ich habe doch bereits alles gesagt“, teilte er mit. Tanja Haug, die Justitiarin des DLV, ist „sehr erstaunt“ über die Parallel-Ermittlungen. Von der Staatsanwaltschaft war gestern keine Auskunft zu erhalten.

Inzwischen laufen die Ermittlungen bei einer Stelle zusammen. Aber der Aufwand ist hoch. Vier Personen wurden vernommen, darunter Kopp. Die n nannte Klaus Henk, Aufsichtsratschef der früheren Istaf GmbH, in einem Brief der Staatsanwaltschaft. Alle vier könnten etwas zu den Ermittlungen beitragen, schrieb Henk. Er offenbarte sein Wissen allerdings erst unter Druck. Verbandspräsident Kopp hatte ihn zuvor in einem Brief daran erinnert, dass er als früherer Istaf-Aufsichtsratschef eine besondere Verpflichtung habe, an der Aufklärung mitzuwirken.

Bis jetzt gibt es keine konkreten Ergebnisse. Klar ist nur, dass das Fax auch an die Neue Zürcher Zeitung ging. Dabei könnte man den Aufwand begrenzen. Führende Politiker müssten nur beim Psychologen Hartwig Marx anrufen, dem sich der Fälscher offenbart hat. Marx darf Politikern oder Personen „in ähnlicher Funktion“ den Namen nennen. Doch so ein Anruf ging nie ein.

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