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Sport: Dortmunds Trainer steht nach dem 0:1 in Unterhaching im Halbdunkel

Das Kerzenlicht erhellte die Mienen der Fußballlehrer nur unzureichend. So saßen denn Lorenz-Günther Köstner von der SpVgg Unterhaching und Borussia Dortmunds Michael Skibbe im Halbdunkel.

Das Kerzenlicht erhellte die Mienen der Fußballlehrer nur unzureichend. So saßen denn Lorenz-Günther Köstner von der SpVgg Unterhaching und Borussia Dortmunds Michael Skibbe im Halbdunkel. Die adventliche Stimmung nach dem 1:0 (1:0)-Sieg des Aufsteigers über den vormaligen Weltpokalsieger war aber kein weiterer Ausdruck für Unterhachinger Provinzialität, sondern hatte seine Ursache in einem Stromausfall. Nach nur zehn Minuten fiel in und um die Gemeinde die Elektrizität aus. Ein Notstromaggregat der örtlichen Feuerwehr speiste am Mittwochabend aber immerhin das Flutlicht und ein paar Fernsehkameras.

Auch die Pressekonferenz im Kerzenschein passte zu diesem eigenartigen Fußballabend. Zumal hier zwei Mannschaften aufeinandertrafen, deren unternehmensphilosophische Ansätze im Business Bundesliga kaum konträrer sein könnten. Der Jahresetat der Unterhachinger entspricht etwa der Ablösesumme eines Dortmunder Topstars. So passte ein Spielerstatement trefflich zum tapferen Kampf Groß gegen Klein: "Wir haben uns hier nicht abschlachten lassen. Wir sind bis zur letzten Minute angerannt." So richtig peinlich wird dieses Zitat nur, wenn man seinen Urheber kennt: Borussia Dortmunds Stürmer Fredi Bobic.

Der sportliche Auftritt war ein Desaster, der verbale nach dem Spiel ein beinahe noch größeres. Denn auch Trainer Skibbe hatte als Gründe für die Niederlage nicht etwa die unwillige Leistung seiner Kicker oder seine eigentümliche Aufstellung (Karsten Baumann und Alfred Nijhuis statt Jürgen Kohler und Evanilson) im Auge. Nein, er machte Schiedsrichter Uwe Kemmling verantwortlich: "Er hat ganz extrem schlecht gepfiffen und ist mitschuldig an der Niederlage." Dabei hatte der arme Herr Kemmling nichts weiter getan, als den Unterhachingern einen Foulelfmeter zuzusprechen, der nach Victor Ikpebas ungeschicktem Rempler gegen Markus Oberleitner sicher hart, aber absolut berechtigt war. Den Rest verbockten die Borussen höchstpersönlich, weil sie nicht in der Lage waren, zwingende Torchancen herauszuspielen. Und das, obwohl der Aufsteiger in der zweiten Halbzeit das Offensiv-Spiel völlig eingestellt hatte und die Begegnung fortan ausschließlich in der Unterhachinger Hälfte des Platzes stattfand. Die zwei Lattentreffer für Borussia Dortmund durch Fredi Bobic (61.) und Sergej Barbarez (75.) waren, weil abgefälscht, eher zufällig entstanden.

Schiedsrichterschelte nach schlechter Leistung gehört eigentlich in die Kreidezeit der Fußballgeschichte. Kaum ein erfahrener Fußballlehrer gibt sich noch damit ab. Bei Michael Skibbe ist wohl die große Verunsicherung Grund für den Fauxpas. Er spürt den riesigen Druck nach neun sieglosen Spielen und einer bevorstehenden Aufgabe am Sonnabend beim FC Bayern München. Die wacklige Aussage von Verteidiger Christian Wörns stützt die Vermutung, dass Skibbe schwere Zeiten bevorstehen: "Ich glaube der Trainer hat keine Schuld. Ich glaube auch, dass die Mannschaft hinter ihm steht."

Auf Unterhachinger Seite werden solche Fragen erst gar nicht gestellt. Trainer Köstner hat den zu Saisonbeginn kaum ernstgenommenen Aufseiger zu einer festen Größe gemacht. Der Unterhachinger Trainer hatte Freude an seiner Mannschaft, "in der sich keiner zu schade war, für den anderen zu kämpfen und jeden Meter zu laufen". Damit enthüllte er ganz nebenbei und aus Versehen einen weiteren Dortmunder Mangel. Und der Unterhachinger Klubpräsident Engelbert Kupka fügte ganz frech an, "dass Geldscheine nicht laufen können".

All das passte zum leicht absurden Charakter dieses Abends, wie auch die Tatsache, dass der Spielbericht im Rahmen der "Harald-Schmidt-Show" gesendet wurde. Und so konnte sich nicht nur die Unterhachinger Pressesprecherin Ulla Holthoff am Ende dieses Tages sicher sein: "Harald Schmidt hat genug Gesprächsstoff."

Detlef Dresslein

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