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Sport: Drei Trainer, eine Bank

Im Frühling ließ Louis van Gaal Gladiolen gedeihen, im Sommer verführte Joachim Löw mit Offensive, im Herbst wurde Jürgen Klopp Halbmeister. Ein Rückblick

LOUIS UND DER FRÜHLING

1. Januar. Wer ist dieser Louis van Gaal? Der Bayern-Trainer nimmt einen gewissen David Alaba, 17 Jahre, mit ins Wintertrainingslager. Dem wechselwilligen Franck Ribéry empfiehlt er: „Ich würde an seiner Stelle bei Bayern bleiben. Weil sie einen guten Trainer haben.“

28. Februar. Van Gaal klettert mit einem 1:0 gegen den HSV an die Spitze – pünktlich zum 110-jährigen Klubjubiläum. „Endlich wieder an der Sonne“, ächzt der winterblasse Vereinschef Karl-Heinz Rummenigge.

20. März. 1:2 in Frankfurt. Die meisten Gazetten geben David Alaba die schlechtesten Noten. Über die verbleibenden Alles- oder-nichts-Spiele sagt der Trainer: „Wir bekommen die Gladiolen oder wir sind tot.“

7. April. ManU gegen Bayern, Rückspiel. Die Bayern sind gegen den alten Rivalen (wie schon zuvor in Florenz) praktisch ausgeschieden, machen aber aus einem 0:3 ein 2:3 – das reicht. Arjen Robben schießt ein wunderbares Tor. Nicht nur van Gaal sieht „eine große Mannschaft“.

21. April. Die deutsche van- Gaal-Forschung erhält einen Impuls. Van Gaal erzählt in einem SZ-Interview, dass er seine Spieler nicht nur anschreit, sondern mitunter auch küsst, dann sagt er zu den Journalisten: „Vielleicht küsse ich Sie gleich!“ Van Gaal erzählt auch vom Krebstod seiner Frau. Man erahnt erstmals den Menschen in ihm.

27. April. Ivica Olic schießt die Bayern mit drei Toren bei Olympique Lyon ins Champions-League-Finale. Alles dreht sich um die Rotlichtaffäre von Franck Ribéry.

1. Mai. Bayern ist Meister, Thomas Müller schießt drei Tore. Van Gaal zeigt dem Anhang vom Rathausbalkon seine Waden und nennt sich „Feierbiest“.

15. Mai. Pokalfinale. Bayern München demütigt Werder Bremen mit 4:0. Van Gaal hat auch nach dem Abpfiff alles im Griff: „Ich habe eine Taktik gefunden, dass ich die Bierdusche vermeide.“

22. Mai. Champions-League-Finale. München trifft in Madrid auf Inter Mailand. Trotz 65 Prozent Ballbesitz und vieler neuer Sympathien in Deutschland verlieren die Münchner durch zwei Tore von Diego Milito. David Alaba sitzt auf der Tribüne. Van Gaal dazu: „Wir spielen ja nicht gegen Hannover.“

THE SUMMER OF LÖW

1. Juni. Ballack kaputt getreten, Träsch und Westermann verletzt, Müller vom Rad gepurzelt. Die Deutsche Presse-Agentur fragt verzweifelt: „Setzt Löw tatsächlich auf den Münchner Aufsteiger Thomas Müller auf dem rechten Flügel?“ Löw sagt: „Ich habe ein gutes Gefühl.“

13. Juni. Erstes WM-Vorrundenspiel gegen Australien. „Alle brennen“, sagt Löw. Und wie: 4:0! Podolski, Klose, Müller und Cacau treffen. Löw sagt: „Wir haben schon noch Dinge zu verbessern.“

18. Juni. Deutschland verliert 0:1 gegen Serbien und Miroslav Klose mit Gelb-Rot . Zum medialen Buhmann wird der junge Holger Badstuber, über dessen Seite das Gegentor entstanden ist. Gegen Ghana mit Kevin-Prince Boateng bietet Löw Jerome Boateng auf.

23. Juni. Mesut Özil schießt die deutsche Elf gegen Ghana ins Achtelfinale. Während sich Thomas Müller auf den „geilen Gegner“ England freut, warnt der DFB-Trainer vor Wayne Rooney: „Der ist zu allem fähig.“

27. Juni. Der Klassiker gegen England. Und wie: 4:1 (Müller trifft doppelt) und ein neues Wembley-Tor! Rooney bleibt unsichtbar. Miroslav Klose zitiert seinen Klubtrainer: „Ab jetzt ist alles möglich. Tod oder Gladiolen.“

3. Juli. Mit einem begeisternden 4:0 verabschiedet die neue deutsche Offensive Argentinien und Superstar Lionel Messi. „Das war fast unvorstellbar“, schwärmt auch Löw.

7. Juli. Fast ängstlich treten die Deutschen im Halbfinale auf, die Spanier kombinieren sich zum Sieg. Und Philipp Lahm erklärt: „Wieso sollte ich das Kapitänsamt freiwillig abgeben?“ Diese Frage bleibt. Auch nach dem 3:2 gegen Uruguay. Auch nach dem dritten WM-Platz. Auch nach Müllers Krönung zum WM-Torschützenkönig. Auch nach Löws Vertragsverlängerung.

EIN DORTMUNDER HERBST

22. August. „Extreme Weiterentwicklung“ ruft Trainer Jürgen Klopp als Ziel für sein junges Dortmunder Team aus. Gleich zum Auftakt aber gibt es ein 0:2 gegen Leverkusen.

19. September. Shinji Kagawa entscheidet das Revierderby auf Schalke mit zwei Toren. Klopp freut sich: „Es soll ja Deutsche geben, die denken, dass Japaner nur mit Fotoapparat in der Hand funktionieren.“

2. Oktober. Dortmund schlägt Bayern 2:0. Der BVB festigt den zweiten Platz, die Münchner sind nach dem schlechtesten Saisonstart Zwölfter.

15. Oktober.
Beim 2:1 in Köln schaffen die Dortmunder den siebten Sieg in Folge, der BVB ist erstmals Tabellenführer. Klopp ist beeindruckt von der „Gier“ seines Teams.

27. Oktober. Die Dortmunder scheitern im DFB-Pokal (wie später auch in der Europa League). Vor dem Spitzenspiel gegen seinen alten Klub Mainz 05 berichtet Klopp von seinem ersten Treffen mit Trainerkollege Thomas Tuchel: „Thomas kam nicht in die Disko rein, ich kam gerade raus.“ Dortmund gewinnt 2:0, wird schließlich Herbstmeister und verlängert den Vertrag mit Klopp. Er wirkt erwachsener als Tuchel.

17. November. Beim letzten Länderspiel des Jahres in Schweden setzt Joachim Löw mit Hummels, Schmelzer, Großkreutz und später Götze vier Dortmunder ein. Nach dem Spiel blickt Löw auf „ein fantastisches Jahr“ zurück. „Wir haben Qualitätsfußball made in Germany gezeigt.“

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