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Sport: Dritte Liga, wir kommen! - Für die Berliner beginnt der Abstiegskampf

Erwin Zacharias ist Wirtschaftsprofessor. So ein Mann kennt sich aus mit Zahlen und Bilanzen.

Von Karsten Doneck, dpa

Erwin Zacharias ist Wirtschaftsprofessor. So ein Mann kennt sich aus mit Zahlen und Bilanzen. Geraten in einer solchen Bilanz Soll und Haben in eine gewaltige Schieflage, weiß einer wie Zacharias sicher am besten, wie er zu reagieren hat. Doch wenn es um rein sportliche Bilanzen beim Fußball geht, verfällt dieser Herr in eine seltsame Handlungsstarre. Als Vorstandsvorsitzender von Tennis Borussia erträgt er mit erstaunlichem Langmut den schleichenden Niedergang einer Mannschaft, die ursprünglich mal die Zweite Bundesliga nur als Zwischenstation betrachtete auf dem Weg in die Bundesliga und dann weiter in die Champions League.

Anspruch und Wirklichkeit: Spätestens seit der 1:2-Niederlage beim FSV Mainz 05 am Donnerstagabend darf bei TeBe kräftig gezittert werden: nicht um das Erreichen der Bundesliga, sondern - man glaubt es kaum - um den Klassenerhalt.

Tabellenplatz 13, nur fünf Punkte vor dem Vorletzten Stuttgarter Kickers: Die TeBe-Profis trampeln auf einem selbstangerichteten Scherbenhaufen herum. Vor dem Heimspiel am Sonntag (14 Uhr 45, Mommsenstadion) gegen den 1. FC Nürnberg löst Mittelfeldspieler Ansgar Brinkmann Alarm aus. "Das ist jetzt für uns ein richtiges Endspiel", sagt er, "wem das nicht bewusst ist, dem ist nicht mehr zu helfen." Fünf Punkte Vorsprung zu einem Abstiegsplatz bei nur noch zwei Spielen - das sieht wie ein komfortables Polster aus. Ist es aber nicht. TeBe fehlt momentan jegliches Selbstbewusstsein.

Eigentlich höchste Zeit für Zacharias, die Notbremse zu ziehen und dem Trainer Winfried Schäfer, auf die Finger zu klopfen. Nichts dergleichen passiert. Als Anfang des Jahres nacheinander der damalige Präsident Kuno Konrad und Manager Jan Schindelmeiser, nicht zuletzt wegen ihrer kritischen Haltung zu Schäfers Arbeit, ihre Sessel räumen mussten, kam dem Verein fußballerische Kompentenz abhanden. Bedenken dieser Art hatte Zacharias aber sogleich zerstreut. "Unser Kontrollorgan für den Trainer ist die Tabelle", hatte er getönt. Das klingt recht schneidig - TeBe war seinerzeit Vierter - und lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass Zacharias neuerdings dieses Kontrollorgan nur noch mit Missachtung straft.

Höchstwahrscheinlich wird Schäfer seine Arbeit über das Saisonende hinaus fortführen. "Alle notwendigen Konsequenzen sind eingeleitet und zum Teil vollzogen worden", sagte Zacharias nach der letzten Heimspiel-Pleite. Und wer aus den Worten des Vorsitzenden die Schlussfolgerung zieht, TeBe würde in der nächsten Saison mit einem neuen Trainer einen Neuanfang machen, der hat die letzte Mitgliederversammlung des Vereins nicht erlebt. Dort sagte Zacharias: "Solange ich Vorstandsvorsitzender bin, wird Herr Schäfer seinen Vertrag bei uns erfüllen." Manche Mitglieder waren von diesem Treuegelöbnis derart geschockt, dass sie sich nach der Versammlung bei Journalisten erkundigten, wann denn die Amtszeit des Vorstandsvorsitzenden beendet sei.

Die Nibelungentreue Zacharias zum Trainer kommt nicht von ungefähr. Als Zacharias im März 1999 Schäfer als Trainer einstellte, hatte er sich, damals noch als Vorsitzender des TeBe-Aufsichtsrates, mit Aufsichtsratsmitglied Jürgen Rinnewitz nicht sonderlich geschickt verhalten. Ein Vertrag, wie ihn Schäfer unterzeichnet hat, gilt in der Branche als äußerst ungewöhnlich. Im Vertragswerk ist nach Tagesspiegel-Informationen ein Passus enthalten, der Schäfer die Gewähr bietet, dass er bei einer vorzeitigen Trennung sein gesamtes Gehalt bis Vertragsende auf einen Schlag ausgezahlt bekommt und dann gleich wieder bei einem anderen Verein anheuern könnte. Er kassierte damit zweimal. Vom alten Verein und vom neuen.

Winfried Schäfer ist indes auf dem besten Weg, seinen Ruf als kompetenter Trainer zu ruinieren. Dass er selbst und Zacharias diese Entwicklung nicht erkennen und Schritte zur Trennung nicht einleiten, ist ein trauriges Kapitel. Der Privatmensch Winfried Schäfer hat die ihm dadurch zuteil werdende Behandlung nun wahrlich nicht verdient.Tennis Borussia im Internet www.tennis-borussia.de

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