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Sport: Durch die Hölle zur WM

Raues Rückspiel für die Schweiz in der Türkei

Die etwa 100 Flughafen-Mitarbeiter hielten ein Transparent in die Höhe, das die Gäste auf kommende Begegnungen vorbereiten sollte: „Willkommen in der Hölle – 5:0 für uns!“ Der recht unfreundlich geratene Empfang am Bosporus gab den Fußball-Nationalspielern der Schweiz eine Ahnung davon, was ihnen im Kampf um einen Platz im WM-Turnier 2006 bevorsteht. Nach dreistündigem Warten am Istanbuler Flughafen auf Koffer und Passkontrolle flogen auf der Fahrt zum Hotel Eier und Plastikflaschen und wenig schmeichelhafte Bezeichnungen wie „Hurensöhne“ in Richtung des Busses der Schweizer, die am Mittwoch im Relegations-Rückspiel einen 2:0-Vorsprung verteidigen müssen. „So was habe ich noch nie erlebt, wie die Türken uns behandeln“, sagte Philipp Degen. „Das ist reine Schikane. Die Leute pfeifen, schimpfen und wirken extrem aggressiv.“

Am Mittwoch werden es die Schweizer im Stadion Sükrü Saracoglu nicht mit 11, sondern mit mehr als 50000 Gegnern zu tun haben. Das ganze Spiel hindurch werden die Fans versuchen, die Schweizer mit Trommeln und Gesängen mürbe zu machen, jeder Schweizer Ballkontakt wird ein Pfeifkonzert auslösen, jede gelungene türkische Aktion dagegen lautstarken Jubel. Türkische Fußballzuschauer haben inzwischen einen gewissen Stolz auf ihre Fähigkeit entwickelt, gegnerische Teams einzuschüchtern.

Einige türkische Zeitungen kritisierten am Dienstag das Verhalten der Fans und der Behörden am Flughafen. Mit der türkischen Gastfreundschaft habe das nichts zu tun gehabt, kommentierte etwa „Hürriyet“, und „Milliyet“ beschwor: „Wut und Gewalt führen nur dazu, dass wir uns anschließend schämen müssen.“ Nicht alle sind so besonnen. Einige türkische Funktionäre hetzen die Anhänger ganz offen auf und begründen dies mit Unsportlichkeiten der Schweizer beim Spiel in Bern. Besonders die Pfiffe während der türkischen Hymne haben die Türken erbost. „Ich will mehr als fanatische Fans, ich will verrückte Fans“, sagte etwa Davut Disli vom türkischen Fußballverband.

Nationaltrainer Fatih Terim und türkische Medien verbreiteten vor dem entscheidenden Spiel Zuversicht. Terim will mit Hamit Altintop (Schalke) und Emre Belözoglu (Newcastle) zwei Stars aufbieten, die in Bern gesperrt waren; ob auch der verletzte Yildiray Bastürk von Hertha BSC Berlin spielt, will Terim erst kurz vor dem Spiel entscheiden.

Doch diese aufgeladene Atmosphäre muss nicht unbedingt ein Vorteil für die Türken sein: Vor zwei Jahren, am 11. Oktober 2003, verpasste die Türkei trotz beeindruckender Kulisse durch ein 0:0 gegen England die Teilnahme an der Europameisterschaft.

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